Nimmt man einen Scheidungsantrag zurück, womit man das Verfahren beendet (weil der andere Ehegatte selbst keinen Antrag gestellt hatte), und stellt kurz darauf erneut einen Scheidungsantrag, entstehen sowohl bei Gericht als auch beim Rechtsanwalt doppelte Kosten. Wer dabei auf staatliche Verfahrenskostenhilfe (VKH) angewiesen ist, muss gute Gründe haben. Und diese hatte die Frau im Fall des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG) nicht, als sie den Scheidungsantrag im März zurücknahm und im Mai neu beantragte.
Für das erste Verfahren hatte die Frau noch VKH bewilligt bekommen, so dass sie sich für das zweite Verfahren selbiges erhoffte. Dabei machte sie weder eine zwischenzeitliche Versöhnung geltend noch andere gute Gründe für den doppelten Aufwand. Sie hatte ihren Anwalt schriftlich zur Rücknahme des Antrags angewiesen und erst im zweiten Verfahren offengelegt, was ihr Motiv gewesen war: Das Verfahren habe ihr zu lang gedauert, weil ihr Mann trotz Zwangsgeld keine Angaben zum Versorgungsausgleich machte. Dass der Start eines neuen Verfahrens dagegen keine Abhilfe schuf, sei ihr nicht klar gewesen.
Das Amtsgericht wollte ihr daraufhin gar keine VKH bewilligen, weil sie mutwillig Kosten verursacht hatte. Das OLG modifizierte dies zugunsten der Scheidungswilligen und hat die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen: Lediglich auf die erneute Erstattung der Gebühren, die im ersten Verfahren bereits angefallen waren, muss die Frau verzichten. Denn selbst bei Mutwilligkeit darf die VKH nicht vollständig verweigert werden. Sie müsse dann – lediglich mit Ausnahme der bereits entstandenen und aus der Staatskasse verauslagten Rechtsanwaltsgebühren sowie der bereits entstandenen allgemeinen Verfahrensgebühr des Gerichts – der bedürftigen Antragstellerin bewilligt werden.
Hinweis: Es kann taktische Gründe geben, ein bereits laufendes Scheidungsverfahren durch Antragsrücknahme zu beenden und ein neues Verfahren einzuleiten – solange der Gegner keinen eigenen Scheidungsantrag stellt. Eine solche Rücknahme (gepaart mit neuem Antrag) hat in der Regel mit dem güterrechtlichen Endstichtag zu tun, weil der andere zum Beispiel zwischenzeitlich einen Lottogewinn gemacht hat. Falls sich abzeichnet, dass die Ehe demnächst durch Tod endet, kann auch das ein wirtschaftliches Argument sein (Witwenversorgung, Erbrecht). Aber auch eine Rücknahme, durch die sich die örtliche Zuständigkeit ändert, kann erwünscht sein.
Quelle: OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 19.07.2023 – 6 WF 86/23
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(aus: Ausgabe 10/2023)