Der Vorher-nachher-Effekt nach der Autoreinigung in einer Waschanlage war im Folgenden für den Halter von unerwartet negativer Natur. So ging er für die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen bis vor den Bundesgerichtshof (BGH). Denn die Frage, ob ein Hinweisschild auch die betreiberseitige Haftung serienmäßig angebrachter Fahrzeugteile ausschließen kann, konnten Amtsgericht (AG) und Landgericht (LG) zuvor nicht einhellig klären.
Der Kläger fuhr mit seinem Land Rover in die Waschanlage ein, stellte das Fahrzeug ordnungsgemäß ab, verließ die Waschhalle und startete den Waschvorgang. Während des Waschvorgangs wurde der serienmäßig angebrachte Heckspoiler abgerissen, wodurch das Fahrzeug beschädigt wurde. Entsprechend verlangte der Kläger von der Anlagenbetreiberin dann auch Schadensersatz. Die Beklagte verwies ihrerseits jedoch auf das in der Waschanlage befindliche Hinweisschild, das auch die Haftung für Anbauteile und Heckspoiler ausschließt – und zwar mit Ausrufezeichen! Bei dieser Ausgangslage waren auch AG und LG in ihrer Bewertung unterschiedlicher Ansicht.
Zuerst verurteilte das AG die Beklagte antragsgemäß. Diese ging mit einer Berufung vor das LG, das seinerseits die Klage abwies. Schließlich war der BGH gefragt – und hier war wiederum die Revision des Klägers erfolgreich. Diesem stehe wegen der Beschädigung seines Fahrzeugs gegen die Beklagte ein vertraglicher Schadensersatzanspruch zu. Der Vertrag über die Reinigung eines Fahrzeugs umfasse als Nebenpflicht die Schutzpflicht des Waschanlagenbetreibers, das Fahrzeug des Kunden vor Beschädigungen beim Waschvorgang zu bewahren. Geschuldet seien jene Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Anlagenbetreiber für notwendig und ausreichend halten darf, um andere vor Schäden zu bewahren. Die Ursache für die Beschädigung des klägerischen Fahrzeugs liege allein in dessen Obhuts- und Gefahrenbereich. Nach den unstrittigen Feststellungen kam es zu der Beschädigung, weil die Waschanlage konstruktionsbedingt nicht für das serienmäßig mit einem Heckspoiler ausgestattete Fahrzeug des Klägers geeignet war. Das Risiko, dass eine Autowaschanlage für ein marktgängiges Fahrzeug mit einer serienmäßigen Ausstattung konstruktionsbedingt nicht geeignet ist, fällt somit auch in den Obhuts- und Gefahrenbereich der Beklagten.
Hinweis: Hier entscheidet die Fachkenntnis. Einem Waschanlagenbetreiber muss ein Wissen über Anlagenbeschaffenheit und Schadensanfälligkeit von Automodellen unterstellt werden können, über das ein Kunde regelmäßig nicht verfügt, um bestimmte Waschanlagen zu meiden und sein Fahrzeug ohne ein erhöhtes Schadensrisiko zu reinigen.
Quelle: BGH, Urt. v. 21.11.2024 – VII ZR 39/24
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(aus: Ausgabe 02/2025)