Trennen sich Eltern, wird das Sorgerecht für die Kinder oft trotz Trennung gemeinsam ausgeübt. In Einzelfällen kann die Übertragung der alleinigen Sorge auf einen Elternteil angezeigt sein. So ein Einzelfall liegt vor, wenn Gewalt und Drohungen des einen Elternteils gegen den anderen Elternteil ausgesprochen und ausgeübt werden. Das folgt aus der Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG).
Die Eltern zweier Kinder haben sich scheiden lassen. Seit der Trennung im Jahr 2020 leben die Kinder im Haushalt der Mutter. Die Mutter hatte gegen den Vater im Jahr 2021 und erneut ab Ende 2023 ein jeweils halbjähriges Näherungs- und Kontaktverbot erwirkt. Zudem wurde ihr die alleinige elterliche Sorge übertragen. Gegen die Übertragung legte der Vater Beschwerde ein – erfolglos.
Beantragt ein Elternteil die Übertragung der alleinigen Sorge auf sich, sind alle für und gegen die gemeinsame Sorge sprechenden Umstände gegeneinander abzuwägen. Hier hatte der Vater die Mutter in der Vergangenheit körperlich angegriffen und verletzt. Wiederholt äußerte er Todesdrohungen. Es erfolgten Anordnungen nach dem Gewaltschutzgesetz. Demnach besteht zwischen den Eltern keine tragfähige soziale Beziehung mehr. Eine Kommunikation und Verständigung zur Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge ist laut Auffassung des OLG somit nicht mehr möglich. Der Mutter ist es dabei auch nicht zumutbar, sich mit dem Vater in sorgerechtlichen Fragen abzustimmen. Entscheidend ist zudem der Wille der Kinder – und diese haben sich nach den Gewalterfahrungen für die Übertragung der elterlichen Sorge auf die Mutter ausgesprochen. Mildere, gleich effektive Mittel als die Übertragung auf die Mutter gibt es hier nicht. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Hinweis: Wer die alleinige Sorge für seine Kinder beantragen will, muss darlegen, warum eine gemeinsame Erziehung nicht mehr möglich ist. Weniger scharfe Maßnahmen dürfen nicht zur Verfügung stehen.
Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 10.09.2024 – 6 UF 144/24
zum Thema: | Familienrecht |
(aus: Ausgabe 11/2024)