Die vom Gesetzgeber angeordnete Grundregel besagt, dass jeder, der das 16. Lebensjahr vollendet hat, als testierfähig anzusehen ist. Welche Folgen sich aus dieser Annahme ergeben, war Gegenstand einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Zweibrücken (OLG).
Der Erblasser war im Dezember 2018 verwitwet und kinderlos verstorben. Weitere Abkömmlinge waren ebenfalls nicht vorhanden. Die Eheleute hatten im Jahr 2000 einen Erbvertrag geschlossen und sich gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Darüber hinaus wurden Neffen und Nichten der Eheleute nach dem Tod des Längstlebenden als Erben eingesetzt, wobei diese Verfügungen vom überlebenden Ehegatten beliebig geändert oder aufgehoben werden konnten. Kurz vor seinem Tod hatte der Erblasser im Krankenhaus ein neues notarielles Testament errichtet und eine Nichte zur Alleinerbin eingesetzt. Ein weiterer in dem ursprünglichen Erbvertrag eingesetzter Miterbe beantragte dann dennoch einen gemeinschaftlichen Erbschein, da er der Ansicht war, dass das im November 2018 errichtete notarielle Testament unwirksam sei. Der Erblasser sei zu diesem Zeitpunkt nämlich nicht mehr testierfähig gewesen. Das Nachlassgericht hatte daraufhin über die Frage der Testierfähigkeit ein Sachverständigengutachten eingeholt. Die Gutachterin kam zu dem Ergebnis, dass der Erblasser zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments an einer Bewusstseinsstörung gelitten habe. Sie orientierte sich dabei an einer medizinischen Dokumentation während des Krankenhausaufenthalts, aus der sich aus ihrer Sicht ergeben habe, dass der Erblasser von einem akuten Delirium betroffen war und er aufgrund dessen am folgenden Tag nicht testierfähig gewesen sein könne.
Diesen Ausführungen folgte das OLG nach einer erneuten mündlichen Anhörung der Sachverständigen allerdings nicht. Insbesondere konnte die vorliegende medizinische Dokumentation des Krankenhauses nicht zwingend den Rückschluss zulassen, dass tatsächlich ein Delirium vorgelegen habe. Nach dem Willen des Gesetzgebers sei nämlich zunächst immer von der Testierfähigkeit auszugehen – und zwar so lange, bis das Gegenteil zur vollen Überzeugung des Gerichts bewiesen ist. Kann jedoch im Nachgang nicht mit hinreichender Sicherheit geklärt werden, ob eine Person zu einem bestimmten Zeitpunkt testierunfähig gewesen ist, geht dies zu Lasten desjenigen, der sich in einem gerichtlichen Verfahren auf die Testierunfähigkeit beruft.
Hinweis: Minderjährige benötigen für die Errichtung eines Testaments nicht die Zustimmung eines gesetzlichen Vertreters.
Quelle: OLG Zweibrücken, Beschl. v. 24.04.2024 – 8 W 60/23
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(aus: Ausgabe 08/2024)