Anscheinsbeweis: Wer bei Verlassen der Parkbucht in einen Unfall verwickelt ist, haftet meist vollständig

Artikel vom 05.03.2024

Das Prinzip "Trau, schau, wem!" sollte jeder motorisierte Verkehrsteilnehmer beim Ein- und Ausparken befolgen. Denn wenn im Anschluss der genaue Unfallhergang ungeklärt bleibt, bleibt einem Gericht wiederum nichts anderes übrig, als bei seiner Entscheidung dem sogenannten Anscheinsbeweis den Zuschlag zu erteilen. Genau so erging es dem Amtsgericht Hanau (AG) im folgenden Fall.

Das Prinzip „Trau, schau, wem!“ sollte jeder motorisierte Verkehrsteilnehmer beim Ein- und Ausparken befolgen. Denn wenn im Anschluss der genaue Unfallhergang ungeklärt bleibt, bleibt einem Gericht wiederum nichts anderes übrig, als bei seiner Entscheidung dem sogenannten Anscheinsbeweis den Zuschlag zu erteilen. Genau so erging es dem Amtsgericht Hanau (AG) im folgenden Fall.

Ein Mann wollte aus einer Parkbucht heraus in den fließenden Straßenverkehr einfahren. Dort befand sich allerdings bereits eine Frau mit ihrem Wagen, die bereits in selbiger Fahrtrichtung unterwegs war. So kam es auch hier, wie es kommen musste – und zwar zur Kollision. Was ebenfalls nicht ungewöhnlich war: Vor Gericht waren sich beide Unfallbeteiligten über den Hergang des Ganzen uneins und machten dazu unterschiedliche Angaben.

Das AG hat der Klage der Frau auf Schadensersatz dennoch stattgegeben. Auf die Klägerin selbst entfällt kein Mithaftungsanteil, da das Gericht davon ausgegangen ist, dass der Verkehrsunfall vollständig von dem einfahrenden Fahrzeug verursacht wurde. Zwar ließ sich das Geschehen nicht mehr aufklären, allerdings habe derjenige, der vom Straßenrand in den Verkehr einfährt, besonders darauf zu achten, dass er andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährdet. Das Gericht war nach einer Gesamtwürdigung der durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass sich der Unfall im engen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Einfahren des beklagten Fahrers von einer Parkbucht auf die Fahrbahn ereignete. Aufgrund der zeitlichen und örtlichen Nähe des Unfallgeschehens zu dem Einfahren des zuvor parkenden Fahrzeugs in den Straßenverkehr spreche daher der Beweis des Anscheins dafür, dass dessen Fahrer nicht ausreichend auf den Verkehr geachtet und somit den Unfall herbeigeführt habe. Darauf deute zudem hin, dass seine Version des Unfallgeschehens, er sei bereits einige Zeit auf der Straße gefahren, mit dem Schadensbild nicht in Einklang zu bringen sei.

Hinweis: Der Anscheinsbeweis setzt Geschehensabläufe voraus, bei denen sich nach der allgemeinen Lebenserfahrung der Schluss aufdrängt, dass ein Verkehrsteilnehmer seine Pflicht zur Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt verletzt hat. Gemäß § 10 Satz 1 Straßenverkehrs-Ordnung muss sich der Einfahrende vom Fahrbahnrand auf eine Fahrbahn so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.

 

 

Quelle: AG Hanau, Urt. v. 05.06.2023 – 39 C 329/21 (19)

zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 03/2024)

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