Der Anspruch auf Versorgungsausgleich setzt nicht voraus, dass man bedürftig ist. Davon war eine Ärztin, die ein Immobilienvermögen geerbt hatte, aus dem sie rund 16.500 EUR im Monat einnahm, und die aus dem Zugewinnausgleich bereits rund 350.000 EUR vom Ehemann bekommen hatte, auch weit entfernt. Dennoch verlangte sie Anteile der Altersversorgung von ihrem Ehemann – die Sache ging bis vor den Bundesgerichtshof (BGH).
Das zuständige Oberlandesgericht fand, dass sie angesichts ihrer eigenen auskömmlichen Verhältnisse darauf verzichten müsse, zusätzlich auch noch Anteile der Altersversorgung ihres Ehemanns zu erhalten, der weitaus weniger Vermögen besaß als sie. Sonst bestünde im Ergebnis ein erhebliches wirtschaftliches Ungleichgewicht. Den Zugewinnausgleich, den sie bekommen habe, habe allein der Mann erarbeitet. Der Mann sei auf seine Altersvorsorge angewiesen.
Diese Wertung trug der BGH jedoch nicht mit. Zwar sind Fälle einer groben Unbilligkeit nach Gesamtabwägung der wirtschaftlichen, sozialen und persönlichen Verhältnisse beider Ehegatten denkbar – sie bleiben jedoch die Ausnahme. Dafür müsste nicht nur der insgesamt ausgleichsberechtigte Ehegatte über so hohes Einkommen oder Vermögen verfügen, dass seine Altersversorgung voll abgesichert ist (so wie hier). Zum anderen müsse der insgesamt ausgleichspflichtige Ehegatte auf die ehezeitlich erworbenen Versorgungsanrechte zur Sicherung seines Unterhalts dringend angewiesen sein. Und diese zweite Voraussetzung war hier nicht erfüllt, weil der Mann nach Durchführung des Versorgungsausgleichs immer noch rund 2.000 EUR Altersrente zur Verfügung haben würde. Und dies ist mehr als ein durchschnittliches Renteneinkommen.
Hinweis: Die Abweichung vom starren Halbteilungsprinzip beim Versorgungsausgleich ist eine seltene Ausnahme.
Quelle: BGH, Beschl. v. 31.01.2024 – XII ZB 259/23
zum Thema: | Familienrecht |
(aus: Ausgabe 05/2024)