Endlich hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) zur Frage geäußert, ob die Erbunwürdigkeit auch im Wege eines rechtskräftigen Versäumnisurteils erklärt werden kann.
Erst einmal kurz zum Allgemeinen: Erbunwürdig kann unter anderem derjenige sein, der Straftaten gegen den Erblasser begangen oder diesen durch Täuschung oder Drohung zu einer bestimmten Verfügung von Todes wegen veranlasst hat. Steht eine solche Erbunwürdigkeit im Raum, ist hierfür die Erhebung einer Anfechtungsklage gegen den Erbunwürdigen erforderlich. Bei Erfolg der Klage wird der Erbe als erbunwürdig erklärt; er scheidet aus der Erbfolge aus. Umstritten war bislang, ob diese Erbunwürdigkeit auch im Wege eines sogenannten Versäumnisurteils erklärt werden kann. Ein solches Versäumnisurteil ergeht, wenn der Beklagte auf die Klage nicht oder nicht rechtzeitig reagiert. Dann wird der Sachvortrag des jeweiligen Klägers als richtig unterstellt.
Nach dem Tod des Erblassers 2018 hatte dessen einziges Kind gegen die überlebende Ehefrau eine Klage auf Feststellung der Erbunwürdigkeit erhoben. Begründet hatte es dies damit, dass es vermutete, dass die Ehefrau einen vom Erblasser unterzeichneten Blankopapierbogen zur Erstellung eines Testaments nach dessen Tod verwendet habe. Gegen die überlebende Ehefrau war ein rechtskräftiges Versäumnisurteil ergangen; die Tochter beantragte einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ausweist. Sowohl das Nachlassgericht als auch das Oberlandesgericht waren der Ansicht, dass das Nachlassgericht an die Entscheidung in dem Erbunwürdigkeitsverfahren gebunden sei – auch bei einem Versäumnisurteil. Und eben jene Ansicht hat nunmehr auch der BGH bestätigt, und der Erbschein zugunsten der Tochter wurde zu Recht erteilt.
Hinweis: Die Frage der Erbunwürdigkeit kann nicht im Rahmen eines Erbscheinsverfahrens geprüft werden.
Quelle: BGH, Beschl. v. 26.04.2023 – IV ZB 11/22
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(aus: Ausgabe 09/2023)