Nachbarschaftsrecht ist Ländersache, und so kommt es im Süden der Bundesrepublik zu einem Anspruch im wohnlichen Nebeneinander, das sich „Bayerisches Fensterrecht“ nennt. Im folgenden Fall, der vor dem Oberlandesgericht Nürnberg (OLG) landete, ging es um die Frage, ob dieser Anspruch bei dafür gegebenen Voraussetzungen immer durchsetzbar ist.
Durch die Teilung eines Grundstücks wurde ein Haus zu einem Grenzbau. Mehrere Fenster sowie eine Balkontür hatten weniger als 60 cm Abstand zur Grundstücksgrenze. Deshalb verlangte der Nachbar, die zu seinem Grundstück zugewandten Wohnraumfenster so umzubauen, dass ein Öffnen und ein Durchblicken bis zur Höhe von 1,80 m über dem Boden nicht möglich ist. Eine Anspruchsgrundlage ergebe sich aus dem bayerischen sogenannten „Fensterrecht“.
Eine entsprechende Klage wies das OLG jedoch ab. Die auf das „Fensterrecht“ gestützten Anspruchsvoraussetzungen waren zwar grundsätzlich gegeben, die Durchsetzung des Anspruchs im konkreten Einzelfall stellte in der Gesamtwürdigung aber eine unbillige Härte dar. Maßgeblich war, dass bis zu 80 % der Fensterflächen von der blickdichten Gestaltung betroffen wären und damit eine ausreichende Licht- und Luftzufuhr der Wohnung nicht mehr gewährleistet sei. Zudem war zu berücksichtigen, dass bei einem dauerhaften Verschließen der Balkontür auch der notwendige zweite Fluchtweg nicht mehr gegeben wäre. In Gesamtbetrachtung der konkreten Umstände war die Ausübung des Fensterrechts hier daher unzulässig.
Hinweis: Anhand des Falls ist durchaus erkennbar, dass auch Gerichte praxisgerechte Lösungen suchen. Der normale Menschenverstand hilft bei der Rechtsfindung eben häufig auch mit.
Quelle: OLG Nürnberg, Urt. v. 18.06.2024 – 6 U 2481/22
zum Thema: | Mietrecht |
(aus: Ausgabe 10/2024)