Dieses Urteil sollte alle Verwalter von Wohnungseigentumsanlagen hellhörig werden lassen. Denn die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zeigt, dass die verwalterischen Pflichten wesentlich weitreichender sind, als häufig in der Praxis angenommen wird.
Das Haus einer Wohnungseigentumsgemeinschaft (WEG) erhielt ein neues Dach. Die Arbeiten wurden durchgeführt und dann bei einem Baufortschritt von etwa 90 % eingestellt. Ein später erteiltes Gutachten ergab, dass die Arbeiten mangelhaft und unbrauchbar waren. Der Verwalter hatte nun jedoch bereits über 100.000 EUR bezahlt, größtenteils in Teilzahlungen, ohne dass dazu Abschlagsrechnungen erteilt worden waren. Deshalb verlangte die Eigentümergemeinschaft nun von dem Verwalter die Zahlung von 104.500 EUR nebst Zinsen.
Der BGH hat die Sache an das Berufungsgericht mit folgenden Hinweisen zurückverwiesen: Hat eine WEG mit einem Werkunternehmer einen Vertrag zur Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums geschlossen, gehört es zu den Pflichten des Verwalters, Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum wie ein Bauherr zu überwachen. Bei der Bewirkung von Zahlungen ist er verpflichtet, wie ein Bauherr im Interesse der WEG sorgfältig zu prüfen, ob bestimmte Leistungen erbracht und Abschlags- oder Schlusszahlungen gerechtfertigt sind. Zahlt der Verwalter im Zuge der Vornahme von Erhaltungsmaßnahmen pflichtwidrig Abschläge, kann für die Ermittlung des Schadens der WEG nicht allein auf die durch die Abschlagszahlungen hervorgerufene Minderung des Gemeinschaftsvermögens abgestellt werden. In den Gesamtvermögensvergleich einzubeziehen ist vielmehr auch, ob und in welchem Umfang die Werkleistungen vertragsgerecht erbracht worden sind. Die Beweislast dafür, dass den gezahlten Abschlägen keine werthaltigen Leistungen gegenüberstehen, trifft die WEG. Eine Haftung des Verwalters wegen pflichtwidriger Abschlagszahlungen scheidet aus, solange eine vertragsgerechte Leistung noch im Wege der (Nach-)Erfüllung durch den Werkunternehmer herbeigeführt werden kann. Ist dagegen die (Nach-)Erfüllung ausgeschlossen und das Vertragsverhältnis zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und dem Werkunternehmer in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen, haftet der Verwalter für die durch die pflichtwidrigen Abschlagszahlungen entstandenen Schäden neben dem Werkunternehmer.
Hinweis: Der Verwalter hat also letztendlich wie ein Eigentümer zu handeln. Wirklich überraschend ist das letztendlich nicht. Denn dafür ist der Verwalter eben genau da.
Quelle: BGH, Urt. v. 26.01.2024 – V ZR 162/22
zum Thema: | Mietrecht |
(aus: Ausgabe 05/2024)