Im nächsten Fall wird es ein wenig kompliziert. Nicht, was die bikulturelle Ehe zwischen einem Deutschen und einer Kubanerin angeht, sondern vielmehr wegen der Unterscheidung des Erbrechts von dem Ehegüterrecht. Denn nachdem der deutsche Erblasser verstarb, musste das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) eben beides miteinander abwägen, um festzustellen, welche Erbquote der Witwe nun zuzumessen sei.
Der Erblasser war deutscher Staatsangehöriger, der seit dem Jahr 2010 mit einer Kubanerin verheiratet war. Der Erblasser, der fließend Spanisch sprach, war schon vor der Heirat mit dem Land Kuba eng verbunden und pflegte private Beziehungen dorthin. Sowohl vor als auch nach der Eheschließung hielt er sich in der Regel etwa bis zu sechs Monate jährlich in Kuba auf. Seine Ehefrau sprach hingegen nur geringfügig Deutsch und hat sich während der Ehezeit lediglich zweimal für Urlaube in Deutschland aufgehalten. In den letzten etwa zweieinhalb Jahren seines Lebens lebte der Erblasser aufgrund einer Erkrankung ausschließlich in Deutschland, die Ehefrau lebte in Kuba. Nach dem Tod des Erblassers beantragten dessen Söhne aus erster Ehe einen gemeinschaftlichen Erbschein, der die kubanische Ehefrau als Erbin zu 1/4 und die beiden Söhne zu Erben zu jeweils 3/8 ausweist. Die Ehefrau war hingegen der Ansicht, dass sie Erbin mit einem Erbteil von 1/2 geworden sei, da deutsches Ehegüterrecht auf die Ehe Anwendung finden müsse.
Dieser Ansicht schlossen sich das Nachlassgericht und das OLG jedoch nicht an. Bemerkenswert war die Entscheidung deshalb, weil die Gerichte zu der Ansicht gelangt sind, dass auf den vorliegenden Fall deutsches Erbrecht anzuwenden sei, wohingegen bezüglich der Ehe auf das kubanische Recht abgestellt werden müsse. Anknüpfungspunkt für die Anwendbarkeit deutschen Erbrechts war der letzte gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers. Da dieser sich seit etwa 2,5 Jahren aufgrund einer Erkrankung ausschließlich in Deutschland aufgehalten hatte, war deutsches Erbrecht anzuwenden. Wäre auch auf das deutsche eheliche Güterrecht abzustellen gewesen, hätte der Ehefrau neben der Ehegattenerbquote von 1/4 auch die Erbteilserhöhung aus einem pauschalierten Zugewinnausgleich in Höhe eines weiteren Viertels zugestanden.
Das OLG war aber der Ansicht, dass hinsichtlich der Ehe eben nicht auf das deutsche Güterrecht abzustellen war. Zum Zeitpunkt der Eheschließung waren die Eheleute am engsten mit Kuba verbunden. Hieran hatte sich auch während der Ehezeit nichts geändert. Die Ehe unterlag daher als Errungenschaftsgemeinschaft dem kubanischen Recht. Eine Erbteilserhöhung, wie sie bei einer deutschen Zugewinngemeinschaft in Betracht kommt, kennt die kubanische Errungenschaftsgemeinschaft nicht. Aus diesem Grund stand der Ehefrau nur das sogenannte Ehegattenerbrecht mit einer Quote von 1/4 zu.
Hinweis: Eheleute können im Wege einer notariellen Beurkundung eine Wahl treffen, welches Recht für ihre Ehe gelten soll.
Quelle: Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 26.01.2023 – 3 W 71/22
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(aus: Ausgabe 06/2023)