Eine letztwillige Verfügung unter Ehegatten wird unwirksam, wenn die Ehe vor dem Tod des Erblassers aufgelöst worden ist. Der Bundesgerichtshof (BGH) musste sich aber mit dem besonderen Fall beschäftigen, in dem die später geschiedenen Eheleute bereits mehrere Jahre vor ihrer Eheschließung einen gemeinsamen Erbvertrag abgeschlossen und dabei etwas Wichtiges vergessen hatten.
Die beiden hatten zwar Regelungen sowohl für den Fall der Beendigung ihrer Lebensgemeinschaft als auch für die Möglichkeit ihrer Eheschließung und Scheidung für das mitbeurkundete Erwerbsgeschäft einer Immobilie bedacht – bei der wechselseitigen Erbeinsetzung wurden entsprechende Überlegungen oder Regelungen jedoch nicht weiter ausgeführt. Als seine Ex-Gattin verstorben war, stellte sich für den Mann nun die Frage, ob er zum Alleinerben seiner von ihm geschiedenen Frau geworden sei.
Der BGH kam in dieser Konstellation nun zu dem Ergebnis, dass die Erbeinsetzung des Ex-Ehepartners nicht automatisch deshalb unwirksam wird, weil die Vertragsparteien zum Zeitpunkt des Erbvertrags nicht verheiratet oder verlobt waren. Auch fehlende Anhaltspunkte, die einen übereinstimmenden Willen erkennen lassen, dass die Erbeinsetzung im Fall einer späteren Heirat und Scheidung entfallen soll, sprechen dabei nicht für eine beabsichtigte Unwirksamkeit. Trotz rechtskräftiger Scheidung der Ehe wurde die verstorbene Erblasserin daher von ihrem Ex-Mann allein beerbt.
Hinweis: Wird ein Erbvertrag nach der Eheschließung beurkundet, wird gesetzlich vermutet, dass die Erbeinsetzung deshalb erfolgte, weil es sich gerade um den Ehepartner handelt. Greift diese Vermutungsregelung nicht, weil die Beteiligten zu diesem Zeitpunkt weder verheiratet noch verlobt waren, muss im Zusammenhang mit einer Scheidung daran gedacht werden, die bisherigen letztwilligen Verfügungen aufzuheben oder abzuändern.
Quelle: BGH, Beschl. v. 22.05.2024 – IV ZB 26/23
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(aus: Ausgabe 11/2024)