Wer Gegenstände aus einer Erbschaft in Besitz nimmt, ohne selbst Erbe zu sein, wird als „Erbschaftsbesitzer“ bezeichnet und ist Erben gegenüber grundsätzlich zur Herausgabe dieses Besitzes verpflichtet. Damit der Erbe feststellen kann, ob Gegenstände unberechtigterweise im Besitz eines solchen Erbschaftsbesitzers sind, steht ihm ein Auskunftsanspruch zu. Dieser war Kern eines Rechtsstreits vor dem Brandenburgischen Oberlandesgericht (OLG).
Nach dem Tod des Erblassers forderte der Erbe von den Mitbewohnern des Erblassers Auskunft über den Nachlass. Diese Auskunft sollte Angaben zu den Kontobewegungen, Nachlassgegenständen und möglichen Schenkungen enthalten. Die beklagten Mitbewohner hatten bereits Jahre vor dem Erbfall ein Grundstück des Erblassers erworben und ihm in der Immobilie ein lebenslanges Wohnrecht eingeräumt. Zudem hatte der Erblasser einem der Mitbewohner eine Vorsorgevollmacht erteilt.
Nachdem das Landgericht zunächst noch teilweise einen Auskunftsanspruch anerkannt hatte, war das OLG der Ansicht, dass ein solcher Anspruch überhaupt nicht bestehe. Die Hausgenossen und Mitbewohner waren bereits vor dem Erbfall in die Nutzung und Verwaltung des Nachlasses eingebunden, was einen Auskunftsanspruch, wie er Erbschaftsbesitzern gegenüber bestünde, die den Besitz erst durch die Erbschaft erlangen, ausschließe. Zwar gebe es auch Verpflichtungen von Hausgenossen gegenüber den Erben zur Erteilung einer Auskunft. Diese beschränken sich aber nur darauf, welche erbrechtlichen Geschäfte geführt worden sind und was den Hausgenossen über den Verbleib von Erbschaftsgegenständen bekannt ist. Insbesondere sind Hausgenossen nicht dazu verpflichtet, ein vollständiges Nachlassverzeichnis zu erstellen. Soweit die Hausgenossen zu einer Auskunft verpflichtet sind, waren sie dieser bereits nachgekommen.
Hinweis: Ein Anspruch auf Rechnungslegung kann nach der Entscheidung des OLG gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen, wenn ein solcher Anspruch jahrelang nicht geltend gemacht wurde. Maßgebend hierbei ist bereits die Nichtgeltendmachung durch den Erblasser.
Quelle: Brandenburgisches OLG, Urt. v. 07.05.2024 – 3 U 90/23
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(aus: Ausgabe 01/2025)