Wer unverschuldet einen Schaden erleidet, darf diesen vom Schädiger zurückverlangen. Wenn rechtlich davon auszugehen ist, dass dem Geschädigten aber bestimmte Aufwendungen erspart geblieben sind, darf der Schadensersatz entsprechend gekürzt werden. Im Folgenden stellte sich die Frage, ob dies im Fall eines selbständigen Taxifahrers bei den Mietfahrzeugkosten erfolgen darf. Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (OLG) musste die Antwort finden.
Bei einem Verkehrsunfall wurde das Taxi eines Taxiunternehmers beschädigt, das schließlich vom 17.09.2021 bis zum 14.10.2021 repariert wurde. Für diese Zeit mietete der Geschädigte bei der späteren Klägerin – einem Mietwagenunternehmen – ein Ersatzfahrzeug zum Preis von insgesamt ca. 7.300 EUR netto an und erzielte mit ihm während der Mietdauer Umsätze in Höhe von ca. 7.700 EUR. Seine Ansprüche auf Ersatz der entstandenen Mietwagenkosten trat er an die Klägerin ab. Als diese dann folglich anstelle des geschädigten Taxifahrers auf die gegnerische Versicherung zukam, um die Mietwagenkosten in ganzer Höhe ersetzt zu verlangen, kam es schließlich zum Aufeinandertreffen vor Gericht. Denn der Versicherer des Unfallverursachers war der Ansicht, dass nicht die kompletten Mietwagenkosten zu erstatten seien. Diese seien im Vergleich zum erzielten Gewinn unverhältnismäßig hoch. Während das Landgericht noch die Meinung der Versicherung teilte und die Klage des Taxiunternehmers bzw. der Klägerin abwies, sah das OLG die Angelegenheit anders.
Das OLG vertrat die Auffassung, dass der Taxiunternehmer grundsätzlich einen Anspruch auf Ersatz der Kosten für das angemietete Ersatztaxi habe, da der Ersatz des beschädigten Fahrzeugs für seinen Geschäftsbetrieb unverzichtbar war. Die Kosten seien lediglich um ersparte Eigenaufwendungen von 10 % zu kürzen. Der Taxiunternehmer kann nicht darauf verwiesen werden, einen ihm entgangenen Gewinn geltend machen zu müssen. Ebenfalls war zu berücksichtigen, dass der Taxiunternehmer das Taxi selbst fuhr, ersparte Lohnkosten also nicht zu den erwartbaren Einsparungen gehörten. Bei der Gegenüberstellung seien allenfalls ersparte Betriebskosten in Höhe von pauschal 30 % zu berücksichtigen. In der Gegenüberstellung von Mietkosten und Gewinn überstiegen die Kosten für das Ersatztaxi den im Mietzeitraum erzielten Gewinn um 45 % – von einer Unverhältnismäßigkeit im Sinne einer wirtschaftlich schlechten unverständlichen Entscheidung ist das OLG angesichts dieser Überschreitung jedoch nicht ausgegangen. Das OLG bestätigte demnach den Ersatzanspruch für den Großteil der geforderten Mietwagenkosten.
Hinweis: Wird ein Taxi beim Verkehrsunfall beschädigt, sind grundsätzlich die Mietkosten für ein Ersatzfahrzeug zu erstatten, wobei ersparte Aufwendungen in Höhe von 10 % der Nettomietkosten anzurechnen sind. Nur wenn die Kosten für die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs unverhältnismäßig sind, kann der Geschädigte ausnahmsweise auf den entgangenen Gewinn verwiesen werden.
Quelle: Schleswig-Holsteinisches OLG, Urt. v. 16.07.2024 – 7 U 124/23
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(aus: Ausgabe 10/2024)