Ein Ungar wollte sich mit der Rechenweise seiner Arbeitgeberin nicht zufriedengeben und klagte seinen Anspruch auf tägliche Ruhezeiten ein. Und da sich die ungarischen Richter auch nicht sicher waren, ob die tägliche mit der wöchentlichen Ruhezeit aufgerechnet werden darf, sobald beide zeitlich aufeinanderfolgen, musste der Europäische Gerichtshof (EuGH) für Klarheit sorgen.
Ein Lokführer, auf dessen Arbeitsverhältnis ein Tarifvertrag mit einer wöchentlichen Ruhezeit Anwendung fand, klagte vor einem ungarischen Gerichtshof gegen die Entscheidung seiner Arbeitgeberin, ihm keine tägliche Ruhezeit von mindestens elf zusammenhängenden Stunden zu gewähren. Die Arbeitgeberin verweigerte ihm diese Ruhezeit, sobald diese einer wöchentlichen Ruhezeit oder einer Urlaubszeit vorausging oder nachfolgte. Der ungarische Gerichtshof wollte nun vom EuGH wissen, ob nach der Richtlinie eine mit einer wöchentlichen Ruhezeit zusammenhängend gewährte tägliche Ruhezeit Teil der wöchentlichen Ruhezeit ist.
In seinem Urteil stellte der EuGH fest, dass die tägliche Ruhezeit und die wöchentliche Ruhezeit zwei autonome Rechte sind, mit denen unterschiedliche Ziele verfolgt werden. Die tägliche Ruhezeit ermöglicht es dem Arbeitnehmer, sich für eine bestimmte Anzahl von Stunden aus seiner Arbeitsumgebung zurückzuziehen. Die wöchentliche Ruhezeit ermöglicht es dem Arbeitnehmer, sich pro Siebentageszeitraum auszuruhen. Folglich ist den Arbeitnehmern die tatsächliche Inanspruchnahme beider Rechte zu gewährleisten.
Hinweis: Die tägliche Ruhezeit muss also unabhängig von der Dauer der wöchentlichen Ruhezeit gewährt werden. Die tägliche Ruhezeit kommt zur wöchentlichen Ruhezeit hinzu, auch wenn sie dieser unmittelbar vorausgeht. Dies ist auch dann der Fall, wenn die nationalen Rechtsvorschriften den Arbeitnehmern eine wöchentliche Ruhezeit gewähren, die länger ist als unionsrechtlich vorgegeben.
Quelle: EuGH, Urt. v. 02.03.2023 – C-477/21
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(aus: Ausgabe 05/2023)