Der Mindestunterhalt für Kinder ist dem Gesetzgeber und den Gerichten heilig. Wer den nicht zahlen kann, braucht eine sehr gute Begründung. Die meinte ein Vater zu haben, denn er studierte und konnte deshalb den Mindestunterhalt für drei Kinder nicht aufbringen. Das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) musste seinen Bildungshunger mit seiner Unterhaltspflicht abwägen.
Zwei Ausbildungen hatte der Mann nach dem Abitur bereits absolviert: bei der Bundeswehr einen Abschluss als Kaufmännischer Assistent für Fremdsprachen und in der öffentlichen Verwaltung einen Abschluss als Verwaltungsfachangestellter. Das berufsbegleitende Studium an der Hochschule für Wirtschaft und Recht im Studiengang Öffentliche Verwaltung sollte sechs Semester dauern, zu dem Abschluss Bachelor of Laws führen und für den gehobenen Verwaltungsdienst qualifizieren. Um das zu schaffen, arbeitete er während der Semester nur Teilzeit 20 Wochenstunden, während der Semesterferien Vollzeit und konnte damit seinen eigenen Lebensunterhalt sichern – nicht aber den der drei Kinder. Er meinte, das begonnene Bachelorstudium sei als eine Erstausbildung zu bewerten, weil der Bildungsgang „Abitur, Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten, Studium“ als eine einheitliche mehrstufige, zeitlich zusammenhängende Ausbildung zu sehen sei.
So wird es zwar in der Rechtsprechung gesehen, wenn es um den Unterhalt der Studenten gegen ihre Eltern geht, nicht aber, wenn der Student selbst Unterhaltspflichten zu erfüllen hat. Das OLG verurteilte den Mann daher erwartungsgemäß zum Mindestunterhalt. Auf sein tatsächliches Einkommen könne er sich nicht zurückziehen, da ihn gegenüber den minderjährigen Kindern eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit trifft. Seine Leistungsfähigkeit werde nicht nur durch tatsächlich vorhandenes Einkommen, sondern auch durch seine Erwerbsfähigkeit und seine Erwerbsmöglichkeiten bestimmt. Sein Interesse an einer Aus- oder Weiterbildung sei nachrangig, wenn er bereits über eine Berufsausbildung verfüge, die ihm durch Erwerbsmöglichkeit in dem erlernten Beruf eine ausreichende Lebensgrundlage biete. Das Interesse des Vaters, zugunsten des Studiums seine Erwerbstätigkeit so weit zu reduzieren, dass er den Mindestunterhalt für seine drei Kinder nicht mehr aufbringen konnte, trat unter den gegebenen Umständen hinter dem Interesse der Kinder an der Sicherung ihres Existenzminimums zurück.
Hinweis: Anders kann es sein, wenn der Unterhaltspflichtige seine Erwerbstätigkeit nicht zum Zweck einer Zweitausbildung oder der Weiterbildung in dem erlernten Beruf, sondern zugunsten einer erstmaligen Berufsausbildung aufgegeben hat. Einer solchen Erstausbildung ist regelmäßig auch gegenüber der gesteigerten Unterhaltspflicht der Vorrang einzuräumen. Denn die Erlangung einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf gehört zum eigenen Lebensbedarf des Unterhaltspflichtigen, den dieser grundsätzlich vorrangig befriedigen darf.
Quelle: Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 22.06.2023 – 13 UF 43/21
zum Thema: | Familienrecht |
(aus: Ausgabe 09/2023)