Oftmals ist bei Gerichtsentscheidungen die Rede von Aufwendungen, die ein sogenannter verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Fall des Amtsgerichts Itzehoe (AG) zeigt hervorragend auf, was in der Praxis darunter zu verstehen ist. Denn wenn ein Versicherer sich auf eine übliche Pauschale zurückziehen möchte, betrachtet das Gericht die konkrete Situation.
Ein Autofahrer erlitt einen unverschuldeten Unfall, bei dem sein Fahrzeug einen Totalschaden erlitt. Neben dem reinen Sachschaden verlangte der Geschädigte zudem Zahlung von Fahrtkosten für die Suche nach einem Ersatzfahrzeug. Er wohne auf dem Land, so dass er weite Wege zurücklegen musste, um sich Fahrzeuge ansehen zu können. So habe er in drei Städten in rund 100 km Entfernung geschaut, für ein Fahrzeug sei er sogar 400 km gefahren. Die Versicherung verweigerte die Zahlung jedoch zum großen Teil. Sie war der Ansicht, der Aufwand sei unangemessen hoch gewesen.
Das AG entschied, dass zumindest der Großteil der Kosten von dem Versicherer zu übernehmen sei. Wenn ein Geschädigter auf dem Dorf wohne und daher keine Auswahl an Autohändlern in seiner Nähe habe, seien die Fahrtkosten nicht von der üblicherweise zu zahlenden Pauschale abgedeckt. Der Versicherer habe die Kosten im angemessenen Umfang zu übernehmen. Als angemessen sei ein Suchradius von 100 km um den Wohnort herum anzusehen. Dementsprechend sei eine Fahrt in ein 400 km entferntes Autohaus nicht mehr davon umfasst. Zudem sei ein Geschädigter nicht verpflichtet, ein einmal besichtigtes Fahrzeug sofort zu kaufen.
Hinweis: Fahrtkosten sind zu erstatten, sofern sie mit dem zum Ersatz verpflichtenden Ereignis in einem adäquat ursächlichen Zusammenhang stehen. Erforderlich sind solche Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte.
Quelle: AG Itzehoe, Urt. v. 19.05.2023 – 94 C 61/22
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(aus: Ausgabe 11/2023)