Das Feld der Betriebsratswahl ist weit und mit allerlei Stolperfallen bestückt – vor allem in Betrieben, in denen eine solche Wahl noch nicht zur Routine gehört. Läuft eine Betriebsratswahl nicht ordnungsgemäß ab, wird sie meistens angefochten und im schlimmsten Fall wiederholt. So geschah es auch in diesem Fall vor dem Thüringer Landesarbeitsgericht (LAG).
In einem großen Einzelhandelsunternehmen mit bundesweit 17 Niederlassungen wurden durch einen Zuordnungstarifvertrag Betriebsratsregionen gebildet. Die Betriebsratsregion Ost umfasste 870 Filialen mit ca. 14.500 Mitarbeitern. In dieser Region wurde dann eine Betriebsratswahl durchgeführt. Der Wahlvorstand fertigte ein sogenanntes Wahlausschreiben und versandte es auf elektronischem Weg in die Filialen. Dort wurde es wunschgemäß ausgedruckt und aufgehängt. Zu diesem Zeitpunkt waren jedoch mindestens 292 Mitarbeiter unter anderem wegen Mutterschutz, Elternzeit und Erkrankungen dauerhaft nicht in den Filialen beschäftigt. Nach Ablauf der Frist für die Einreichung von Wahlvorschlägen versandte der Wahlvorstand das Wahlausschreiben auch an die dauerhaft abwesenden Mitarbeiter – allerdings erst zusammen mit den Unterlagen für die Briefwahl. Schließlich wurde gewählt, und der Wahlvorstand gab das Wahlergebnis bekannt. Eine ganze Reihe von Arbeitnehmern erklärte daraufhin gerichtlich die Anfechtung der Wahl.
Das LAG gab dem Antrag statt und erklärte die angefochtene Betriebsratswahl für unwirksam. Die Versendung des Wahlausschreibens an die zum Zeitpunkt der Wahl voraussichtlich nicht präsenten Arbeitnehmer sei zu spät erfolgt. § 3 Abs. 4 Satz 4 der Verordnung zur Durchführung des Betriebsverfassungsgesetzes verpflichtet den Wahlvorstand, das Wahlausschreiben unmittelbar nach seinem Erlass den Personen zugänglich zu machen, von denen ihm bekannt ist, dass sie im Zeitpunkt der Wahl voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein werden. Die Versendung erst mit den Briefwahlunterlagen nach Ablauf der Fristen für Einsprüche gegen die Wählerliste und Einreichung von Wahlvorschlägen ist ein grundsätzlich zur Wahlanfechtung berechtigender Verstoß gegen eine wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren.
Hinweis: Alle Beteiligten sollten bei einer Betriebsratswahl versuchen, die geltenden Gesetze einzuhalten, um unangenehme Wahlwiederholungen zu vermeiden.
Quelle: Thüringer LAG, Beschl. v. 27.03.2024 – 4 TaBV 13/23
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(aus: Ausgabe 07/2024)