Viele Menschen meinen, der Brexit hätte für sie keine unmittelbaren Auswirkungen. Das ist jedoch nicht ganz richtig – die unterschiedlichen Auswirkungen spüren wir nur unterschiedlich stark. Auf die Studentin dieses Falls, der vor dem Verwaltungsgericht Berlin (VG) landete, wirkten sich die Brexitfolgen beispielsweise erst aus, als sie für den juristischen Vorbereitungsdienst (Referendariat) in Deutschland zugelassen werden wollte.
Nach dem juristischen Studium folgt zumeist das Referendariat. Dieses kann grundsätzlich nur derjenige in Deutschland absolvieren, der auch in Deutschland studiert hat. Nur ausnahmsweise gibt es im Rahmen des Europarechts eine solche Zulassung zum Referendariat auf Grundlage von ausländischen juristischen Abschlüssen. Die deutsche Staatsangehörige dieses Falls hatte im Vereinigten Königreich die rechtswissenschaftlichen Abschlüsse Bachelor und Master of Laws in den Jahren 2017 und 2020 erworben und stellte im Mai 2021 den Antrag auf Zulassung zum juristischen Vorbereitungsdienst – also zur Absolvierung ihres Referendariats. Das zuständige Prüfungsamt lehnte den Antrag jedoch ab. Eine Zulassung kam aufgrund des Brexits nicht mehr infrage. Der Antrag sei nicht mehr möglich, weil er nach dem endgültigen Vollzug des Brexits gestellt worden war. Gegen einen entsprechenden Bescheid klagte die Studentin.
Die Klage wurde abgewiesen. Auch nach Auffassung des VG hätte die Mitgliedschaft des Vereinigten Königreichs in der Europäischen Union jedenfalls im Zeitpunkt der Antragstellung noch bestehen müssen. Und im Mai 2021 war das Ende des Übergangszeitraums – der 31.12.2020 – längst überschritten.
Hinweis: Auch verfassungsrechtliche Bedenken gab es nicht. Der Vollzug des Brexits war lange Zeit absehbar, weswegen die Studentin sich nicht auf einen Vertrauensschutz berufen konnte. Sie hätte ihren Antrag einfach rechtzeitig vorher stellen können.
Quelle: VG Berlin, Urt. v. 04.09.2023 – 15 K 417/21
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(aus: Ausgabe 01/2024)