Der Straßenverkehr ist eine Art Spiegel gesellschaftlicher Schieflagen. Auch der folgende Fall zeigt, dass alles einfacher wäre, würden sich alle an bestehende Regeln halten und zudem jene Rücksicht nehmen, die sie selbst auch erwarten. Das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) musste im folgenden Fall zuerst die prozessualen Erfolgsaussichten abwägen, um über eine begehrte Prozesskostenhilfe (PKH) zu entscheiden.
Ein Fußgänger, der spätere Beklagte, trat auf einen Radweg, ohne auf den dortigen Radverkehr zu achten. Es kam, wie es kommen musste, um als Fall hier behandelt zu werden: zur Kollision mit einem Radfahrer. Der Radfahrer verlangte in der Folge Schadens- und Schmerzensgeld von dem Fußgänger. Dieser Beklagte beantragte seinerseits für das gerichtliche Verfahren PKH. Doch dieses Ansinnen hatte in den Augen des zu entscheidenden Gerichts keinerlei Aussicht auf Genehmigung.
Das OLG hat durch Beschluss den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung führt das Gericht aus, dass die Rechtsverteidigung des Beklagten keinerlei Aussicht auf Erfolg habe. Der Beklagte habe den Unfall allein schuldhaft verursacht. Zwar ist der Radweg kein Bestandteil der Fahrbahn – dennoch handelt es sich durchaus um einen durch Verkehrszeichen oder seine bauliche Gestaltung als solchen erkennbaren Sonderweg. Und dessen Benutzung ist primär Radfahrern vorbehalten. Fußgänger, die einen Radweg überqueren wollen, müssen folglich auf die Radfahrer Rücksicht nehmen. Ein Fußgänger darf einen Radweg erst betreten, wenn er davon überzeugt sein kann, dass er keinen Radfahrer gefährdet oder an dessen Weiterfahrt behindert. Ein Mitverschulden des Fahrradfahrers konnte hier nicht festgestellt werden. Insbesondere musste der Radfahrer seine Geschwindigkeit auch nicht auf die Möglichkeit einrichten, dass ein Fußgänger vor ihm auf die Fahrbahn treten wird.
Hinweis: Beim Überqueren eines Radwegs müssen Fußgänger auf die Radfahrer Rücksicht nehmen. Sie dürfen einen Radweg erst dann überqueren, wenn eine Behinderung ausgeschlossen ist (§ 25 Abs. 3 Straßenverkehrs-Ordnung). Laut statistischem Bundesamt ereigneten sich im Jahr 2021 rund 85.000 Fahrradunfälle, wobei E-Bikes oder Pedelecs an 17.000 Unfällen beteiligt waren.
Quelle: Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 12.03.2024 – 12 W 7/24
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(aus: Ausgabe 07/2024)