Im diesem Fall des Verwaltungsgerichts Gießen (VG) könnte man augenzwinkernd schlussfolgern, dass die öffentlichen Kassen ganz dringend Geld brauchen. Denn wie es bei der geschilderten Gemengelage zu einer derartigen Forderung kommen konnte, gegen die hier geklagt wurde, bleibt zumindest uns ein Rätsel.
Die Freiwillige Feuerwehr wurde alarmiert- Grund: ein auf eine Fahrbahn gestürzter Baum. Es rückten sechs Einsatzfahrzeuge und 17 Feuerwehrkräfte aus, doch trotz 34 Augen konnte beim Abfahren der Strecke kein umgestürzter Baum gefunden werden. Stattdessen trafen die Feuerwehrleute aber auf die spätere Klägerin – eine Autofahrerin, die auf der Strecke eine Reifenpanne hatte. Ihr Auto war am Straßenrand abgestellt, und dort wartete sie nun mit einer Bekannten auf den bereits verständigten Automobilklub. Die Feuerwehrkräfte boten der Klägerin dennoch ihre Hilfe beim Reifenwechsel an und wechselten flugs den platten Reifen, noch bevor der Servicedienst eintraf. Ein teures Angebot, denn mit Bescheid vom 03.01.2023 wurden der Klägerin gegenüber hierfür Kosten in Höhe von 785 EUR geltend gemacht. Es seien eigentlich sogar Kosten in Höhe von über 1.000 EUR entstanden, aber aus Billigkeitsgesichtspunkten wurde diese Summe um 25 % reduziert. In einem sich anschließenden Widerspruchsverfahren wurde die festgesetzte Gebühr auf 591 EUR reduziert.
Das VG hat der Klage der Autofahrerin stattgegeben, die sich gegen die Erhebung von Feuerwehrgebühren richtete. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vernahm das Gericht die Bekannte der Klägerin sowie den Einsatzleiter der Freiwilligen Feuerwehr als Zeugen. Aufgrund des Ergebnisses der Zeugenvernehmung war davon auszugehen, dass keine Gefahrenlage vorgelegen habe. Der Pkw sei für die konkreten örtlichen Gegebenheiten durch die Klägerin, insbesondere mittels Warndreieck und -blinker, bereits hinreichend gesichert gewesen. Ergänzend führt das Gericht zur Begründung aus, dass die Klägerin aufgrund der Gesamtumstände angesichts einer fehlenden anderweitigen Aufklärung durch die Beklagte ausnahmsweise davon ausgehen durfte, dass es sich bei dem Reifenwechsel um einen „Freundschaftsdienst“ handeln würde, auch wenn eine generelle Aufklärungspflicht dazu nicht bestehe.
Hinweis: Entscheidend war, dass durch das Fahrzeug der Klägerin an der konkreten Einsatzstelle kein Zustand eingetreten war, der die Maßnahmen der Freiwilligen Feuerwehr erforderlich gemacht hätte. Eine gesteigerte Gefahrenlage lag nicht vor.
Quelle: VG Gießen, Urt. v. 25.03.2024 – 2 K 2103/23.GI
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(aus: Ausgabe 06/2024)