Dass die Unfallverursacherin im folgenden Fall des Bundesgerichtshofs (BGH) überversichert war, indem sie sowohl ihren Pkw als auch ihren daran angebrachten Anhänger einzeln versicherte, kann hier außer Acht gelassen werden. Die interessante Frage, die aus diesem Umstand hervorging, war, ob beide Versicherer den Schaden im sogenannten Innenverhältnis hälftig teilen mussten oder gar einer von ihnen komplett zu haften habe.
Eine Autofahrerin war mit ihrem Auto samt Anhänger unterwegs, Zugfahrzeug und Anhänger waren bei unterschiedlichen Versicherungen versichert. Beim Rückwärtsfahren verursachte die Fahrerin schließlich einen Schaden in Höhe von knapp 1.000 EUR. Die Haftpflichtversicherung des Pkw ersetzte den Schaden am Fahrzeug des Dritten und forderte daraufhin die Hälfte des regulierten Schadens von der Anhängerversicherung zurück. Sie war der Ansicht, dass beide Versicherungen als Gesamtschuldner haften und somit im Innenverhältnis zwischen den Versicherern die Anhängerversicherung die Hälfte mittragen müssen. Das sah die betreffende Versicherung anders. Durch das Rückwärtsfahren sei die Gefahr durch den Anhänger nicht erhöht gewesen, daher scheide ein Anspruch aus.
Der BGH gab der Anhängerversicherung Recht und wies zunächst darauf hin, dass eine Mehrfachversicherung des Gespanns vorliege. Beide Versicherer haften dem geschädigten Dritten gegenüber als Gesamtschuldner und hafteten deshalb im Außenverhältnis zunächst vollständig. Im sogenannten Innenverhältnis haftet nach den gesetzlichen Vorschriften aber nur der Versicherer der Zugmaschinen, also die Kfz-Versicherung. Eine Ausnahme bestehe dann, wenn sich durch den Anhänger eine höhere Gefahr verwirklicht als durch das Zugfahrzeug – beispielsweise wenn der Anhänger wegen seiner besonderen Länge oder Größe die Gefahr erhöhe. Das Ziehen des Anhängers allein verwirklicht jedoch in der Regel keine höhere Gefahr, wobei der BGH klarstellt, dass auch das Rückwärtsfahren mit einem Anhänger ein „Ziehen“ darstelle. Nicht relevant hingegen ist, ob der Anhänger gezogen oder geschoben werde (z.B. während eines Rangiervorgangs).
Hinweis: Verursacht ein mit einem Zugfahrzeug verbundener Anhänger einen Schaden, haften der Halter des Zugfahrzeugs und der Halter des Anhängers als Gesamtschuldner. Im Außenverhältnis kann sich der Geschädigte seinen Anspruchsgegner aussuchen, also entweder die Versicherung des Zugfahrzeugs oder die Versicherung des Anhängers in Anspruch nehmen. Dies gilt auch dann, wenn die Halter von Zugfahrzeug und Anhänger wie hier nicht identisch sind. Die Entscheidung des BGH betrifft das Innenverhältnis zwischen Anhänger- und Zugfahrzeugversicherung. Hierfür hat der BGH klargestellt, dass auch beim Rückwärtsfahren grundsätzlich die Versicherung des Zugfahrzeugs allein haftet.
Quelle. BGH, Urt. v. 14.11.2023 – VI ZR 98/23
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(aus: Ausgabe 03/2024)