Skurrile Bilder von Schilderwäldern auf deutschen Straßen kennt wohl jeder. Im Fall des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (OLG) hatte es ein Autofahrer aber mit dem Gegenteil dessen zu tun, was die meisten Verkehrsteilnehmer zu überfordern droht. Hier fehlte es nämlich an einem entscheidenden Schild – zumindest auch nach Ansicht des OLG. Doch die Kollegen des Amtsgerichts (AG) waren zuvor noch anderer Meinung.
Der Betroffene passierte beim Einbiegen in eine Straße das Verkehrszeichen 290.1, das den Beginn einer eingeschränkten Halteverbotszone anzeigt. In dem darauffolgenden Bereich durften lediglich Anwohner mit einem entsprechenden Parkausweis parken. Etwas später folgte allerdings das Verkehrszeichen 314, das das Parken gegen Entgelt ausdrücklich erlaubt. Dieses Schild zeigte mit einem weißen Pfeil die Richtung an, in der das Parken erlaubt war: Eine durch eingelassene Pflastersteine und eine Bepflanzung gekennzeichnete Fahrbahn von rund 50 Metern Länge. Im Anschluss kehrte die Fahrbahngestaltung wieder zum vorigen Aussehen zurück. Ein zweites Verkehrszeichen 314 – Parkschild mit gegen die Fahrtrichtung zeigendem weißen Pfeil, das ein Ende der beschriebenen Parkzone anzeigte – gab es jedoch nicht. Der Betroffene parkte sein Fahrzeug nach Ende der gesonderten Straßengestaltung rechts am Straßenrand und kaufte sich ein entsprechendes Parkticket. Es kam, wie es kommen musste: Wegen Parkens in einer eingeschränkten Halteverbotszone wurde der Mann verwarnt, und das AG verurteilte ihn wegen fahrlässigen verbotswidrigen Parkens im eingeschränkten Halteverbot zu einer Geldbuße von 25 EUR. Dagegen richtet sich der Antrag des Betroffenen, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.
Das OLG ließ die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts zu und hob das Urteil des AG auf. Der Betroffene musste die Geldbuße nicht bezahlen. Das Gericht folgte der Meinung der Vorinstanz nämlich nicht, wonach alleine wegen der unterschiedlichen Fahrbahngestaltung durch Pflaster und Pflanzen erkennbar sei, wo das Parken mit Parkschein erlaubt sei und wo nicht. Eine Begehung einer Ordnungswidrigkeit setze voraus, dass die Anordnung, gegen die verstoßen wird, sichtbar, verständlich und auch bestimmt ist. Das gelte auch für die örtlichen Grenzen, an denen eine Zone beginne und ende. Von einem Kraftfahrzeugführer könne nicht gefordert werden, dass er aufgrund der äußeren Umstände – hier der Gestaltung der gekennzeichneten Fahrbahnfläche – zusätzliche Überlegungen zum möglichen Regelungsinhalt eines Verkehrsschilds anstelle. Da der Anfang der erlaubten Parkfläche durch das Verkehrszeichen 314 mit in Fahrtrichtung weisendem weißen Pfeil gekennzeichnet gewesen sei, dürfe der durchschnittliche Kraftfahrer darauf vertrauen, dass auch das Ende der Parkfläche mit einem gegen die Fahrtrichtung weisenden Pfeil gekennzeichnet werde.
Hinweis: Zwar ist für die Geltung des Zeichens 314 eine Kennzeichnung mit Richtungspfeilen nicht zwingend. Nach der Erläuterung Nr. 1 zu Zeichen 314 (Anlage 3 zu § 42 Straßenverkehrs-Ordnung) kann aber der Anfang des erlaubten Parkens durch einen zur Fahrbahn weisenden waagerechten weißen Pfeil im Zeichen und das Ende durch einen solchen von der Fahrbahn wegweisenden Pfeil gekennzeichnet sein.
Quelle: Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschl. v. 28.06.2024 – II ORbs 26/24
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(aus: Ausgabe 10/2024)