Dass die Europäische Erbrechtsverordnung auch Regeln für die Gesamtrechtsnachfolge vorgibt, wenn verstorbene EU-Bürger ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt in einem außereuropäischen Staat hatten, war vor kurzem Thema vor dem Amtsgericht Bonn (AG). Anlass war die Gegenwehr zweier Hinterbliebener in Deutschland, die die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses für einen sogenannten Executor in Afrika zu verhinden versuchten.
Die Erblasserin war deutsche Staatsangehörige und an ihrem letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort in Afrika verstorben. Sie hatte zunächst im Jahr 2006 ein handschriftliches Testament errichtet und ihre Nichten zu alleinigen Erben ihres in der Bundesrepublik Deutschland befindlichen Vermögens eingesetzt. Im August 2011 errichtete die Erblasserin dann ein maschinenschriftlich verfasstes Testament im Beisein von drei Zeugen in englischer Sprache und widerrief alle vorher von ihr verfassten Testamente. Zugleich setzte sie einen Executor zum Zweck der Abwicklung des Nachlasses ein – vergleichbar mit dem Einsetzen eines Testamentsvollstreckers nach deutschem Recht. Die Nichten wandten sich gegen die Erteilung eines in Deutschland beantragten Testamentsvollstreckerzeugnisses für den Executor und waren der Ansicht, für den in Deutschland befindlichen Nachlass sei nur das Testament aus dem Jahr 2006 maßgeblich. Die im Jahr 2011 getroffene Verfügung sei nach deutschem Recht keine formal wirksame Verfügung.
Das AG hat das beantragte Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt. Deutsche Gerichte seien zunächst zuständig, da sich Nachlassvermögen innerhalb der Bundesrepublik befinde. Darüber hinaus sei für den Fall aber nicht auf das deutsche Erbrecht abzustellen. Nach der Europäischen Erbrechtsverordnung unterliegt die Gesamtrechtsnachfolge grundsätzlich dem Recht des Staates, in dem der Erblasser im Zeitpunkt des Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte – auch dann, wenn es sich dabei um ein Nicht-EU-Land handelt. Etwas anderes gilt nur, wenn eine ausdrückliche Rechtswahl getroffen wird, was vorliegend nicht der Fall war. Das AG kam zu dem Ergebnis, dass das Testament nach dem nationalen Recht des Aufenthaltslands wirksam errichtet worden sei. Dies beinhaltete auch die Einsetzung eines Executors. Da das Testament aus dem Jahr 2011 den gesamten Nachlass regeln sollte und die Einsetzung des Executors nicht auf ein bestimmtes Nachlassvermögen beschränkt war, erstreckt sich dessen Tätigkeit auch auf das in der Bundesrepublik Deutschland befindliche Vermögen.
Hinweis: Durch das Testamentsvollstreckerzeugnis weist sich der Testamentsvollstrecker gegenüber Dritten als verfügungsbefugt über den Nachlass aus. Das Zeugnis wird nur auf einen ausdrücklichen Antrag hin erteilt.
Quelle: AG Bonn, Beschl. v. 14.04.2024 – 34 VI 136/23
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(aus: Ausgabe 07/2024)