Vor dem Brandenburgischen Oberlandesgericht (OLG) ging es um den Unterhalt für ein volljähriges Kind von Februar bis Oktober. Und so bitter es für den jungen Mann auch war: Hier zeigte sich eine der Folgen des Erwachsenwerdens – der Dschungel an zwingenden Abläufen, die es zu berücksichtigen gilt, um seine Ansprüche geltend zu machen.
Zunächst hatte der junge Mann noch das Gymnasium besucht. Zwischen dem Abitur im Juni und dem Studienbeginn im Oktober hatte er nicht gearbeitet. Im gesamten Zeitraum hatte er mit seiner Mutter von Leistungen des Jobcenters gelebt. Diese Hilfegewährung wurde allerdings nur vorläufig gewährt, da noch nicht abschließend geprüft worden war, ob die Bedarfsgemeinschaft über Ersparnisse verfügte. Parallel dazu hatte das Jobcenter die Unterhaltsansprüche gegen den Vater geprüft – zu entsprechenden Zahlungen war es aber nicht gekommen. Das Jobcenter forderte schließlich die Leistungen von Mutter und Sohn zurück, weil die Bedarfsgemeinschaft doch nicht bedürftig gewesen sei. Daraufhin verklagte der Sohn seinen Vater auf Ausbildungsunterhalt für diesen zurückliegenden Zeitraum.
Im ersten Schritt traf das OLG für den Sohn durchweg positive Feststellungen; für ihn habe für den gesamten Zeitraum druchaus ein Unterhaltsanspruch bestanden, zunächst als Schüler „privilegiert“, dann zwischen Abitur und Studium ohne Pflicht zu eigener Erwerbstätigkeit und schließlich auch noch als Student. Im zweiten Schritt brachte das OLG gleichwohl den Zahlungsanspruch des Sohns zu Fall – und zwar wegen des gesetzlichen Forderungsübergangs aus § 33 Abs. 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch. Indem das Jobcenter seinen Lebensunterhalt gesichert hatte, hatte der junge Mann den Anspruch an die Behörde verloren. Es war richtig gewesen, dass das Jobcenter mit dem Vater Schriftverkehr über dessen Leistungsfähigkeit führte. Dieser Anspruch fiel aber nicht automatisch an den Sohn zurück, als das Jobcenter die Bewilligung aufhob und die Leistungen zurückforderte. Da es eine solche gesetzliche Regelung schlichtweg nicht gibt, hätte eine vertragliche Rückabtretung erfolgen müssen. Aber selbst die hätte dem Sohn nicht geholfen, denn er selbst hatte seinen Vater nie in Verzug gesetzt – sprich wegen des Unterhalts angeschrieben. Dass das Jobcenter den Vater in Verzug gesetzt hatte, während der Anspruch dorthin übergegangen war, half dem Sohn überraschenderweise nicht – ohne Verzug also keine Zahlungspflicht.
Hinweis: Die Entscheidung zeigt, dass Hilfeempfänger vorläufiger Leistungen nicht unterlassen dürfen, ihren Unterhaltsanspruch vorsorglich selbst geltend zu machen, damit sie in dem Fall, dass ihnen die Hilfe nachträglich wieder entzogen wird, auf die Inverzugsetzung zurückgreifen können.
Quelle: Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 22.06.2023 – 13 UF 80/22
zum Thema: | Familienrecht |
(aus: Ausgabe 08/2023)