Keine Prozessvoraussetzung: Bei einer Entziehungsklage ist kein vorheriger Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft vonnöten

Artikel vom 04.03.2025

Eigentum verpflichtet, da Eigentum nicht nur dem Eigentümer selbst, sondern auch der Gemeinschaft nützen soll oder dieser zumindest nicht schaden darf. Das Amtsgericht Lörrach (AG) musste eine Entscheidung zur Entziehung von Eigentum fällen, bei dem diese Gesichtspunkte nicht mehr gewahrt wurden. Das ist sicherlich ein nicht alltäglicher Fall.

Eigentum verpflichtet, da Eigentum nicht nur dem Eigentümer selbst, sondern auch der Gemeinschaft nützen soll oder dieser zumindest nicht schaden darf. Das Amtsgericht Lörrach (AG) musste eine Entscheidung zur Entziehung von Eigentum fällen, bei dem diese Gesichtspunkte nicht mehr gewahrt wurden. Das ist sicherlich ein nicht alltäglicher Fall.

Es ging hier um einen Streit in einer Wohnungseigentumsanlage. Eine Eigentümerin war in einem Vorprozess rechtskräftig verurteilt worden, dafür zu sorgen, dass aus ihrer Wohnung kein starker Geruch und Gestank nach draußen dringt. Als dann ein Problem mit einem Leck im Abwasserrohr aufgetreten war, bestand die Vermutung, dass sich dieses Leck im Bad dieser Eigentümerin befindet. Einem Handwerker gewährte die Eigentümerin zur Leckortung zwar Zugang zu ihrer Wohnung, dies aber nur theoretisch. Praktisch weigerte sich der Handwerker nämlich schon nach wenigen Schritten, weiter in die Wohnung zu gehen, da er um seine Gesundheit fürchtete. Er teilte mit, dass die Wohnung mit Müll vollgestellt und kaum ein Weg zum Bad frei sei. Er hätte über Gegenstände steigen müssen, die im Flur hoch aufgetürmt waren. Viel schlimmer sei aber gewesen, dass bei jedem Schritt eine stinkende Flüssigkeit aus dem Laminat drang. Deshalb beauftragte die Wohnungseigentümergemeinschaft durch einem Umlaufbeschluss den Verwalter, das Wohneigentum zu entziehen.

Der Umlaufbeschluss war zwar rechtswidrig, was zur Nichtigkeit des Beschlusses führte. Schließlich hätten alle Wohnungseigentümer einem Verfahren im Umlaufbeschluss zustimmen müssen. Das war jedoch hier nicht weiter dramatisch, da ein solcher Beschluss laut AG in diesem Fall erst gar nicht erforderlich gewesen sei: Bei einer Entziehungsklage ist ein vorheriger Beschluss der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer keine Prozessvoraussetzung. Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) impliziert die Pflicht, die Wohnung in einem Zustand zu halten, um nötige Einwirkungen durchführen lassen zu können, die für ein geordnetes Zusammenleben notwendig sind. Da die Wohnungseigentümerin jahrelang gegen ihre Verpflichtungen aus dem WEG verstoßen hatte, war ein geordnetes Zusammenleben nicht mehr möglich. Das Gemeinschaftsverhältnis war den anderen Wohnungseigentümern somit nicht (mehr) zuzumuten. Deshalb wurde das Wohneigentum eingezogen, und das AG hat die Wohnungseigentümerin dazu verurteilt, ihr Wohnungseigentum zu veräußern.

Hinweis: Miteigentümer, die sich nicht an die Gemeinschafts- oder Hausordnung halten, können also gezwungen werden, ihre Wohnungen zu verkaufen. Dies ist zwar kein einfaches Vorhaben für die übrigen Miteigentümer, jedoch durchaus möglich. Voraussetzung bleibt natürlich, dass eine erhebliche Vertragsverletzung vorliegt.

Quelle: AG Lörrach, Urt. v. 16.12.2024 – 3 C 855/23 WEG

zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 03/2025)

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