Trennen sich Eltern, sind verschiedene Umgangsmodelle denkbar. Manche Eltern entscheiden sich für das Wechselmodell, bei dem die Kinder mit beiden Elternteilen in engem Kontakt bleiben. Die Kinder wechseln jeweils den Wohnort und leben mal bei dem einen oder mal bei dem anderen Elternteil. Allerdings stellt sich in diesem Modell die Frage, ob die Eltern die Kinder vor Gericht vertreten können. Das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) war zu diesem Thema gefragt.
Die Eltern von vier Kindern trennten sich, und eines der Kinder war noch minderjährig. Die Eltern betreuten das Kind nun im hälftigen Wechselmodell. Als die Mutter für sich und die Tochter Unterhalt einklagte, wurde der Antrag für die minderjährige Tochter abgewiesen. Die Richter des Familiengerichts (FamG) gingen nämlich davon aus, dass die Mutter die Tochter gar nicht vertreten könne – ihr Argument war die Erziehung im hälftigen Wechselmodell. Gegen diese Entscheidung legte die Mutter erfolgreich Beschwerde ein.
Die Richter des OLG wendeten § 1629 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch analog an. Grundsätzlich mache der Elternteil demnach den Unterhalt im Namen des Kindes geltend, der das Kind auch in Obhut habe. Im hälftigen Wechselmodell hat aber keines der Elternteile das Kind in seiner alleinigen Obhut. Und da es in diesem Modell schlichtweg keinen Betreuungsschwerpunkt gebe, könne das Gesetz folglich auch nicht direkt angewendet werden. Damit würden Gerichte jedoch die Kinder im Wechselmodell schlechter stellen als jene, die hauptsächlich von einem Elternteil betreut werden. Das OLG hob den Beschluss der Vorinstanz daher auf, so dass das FamG nun über den Antrag der Mutter in einer erneuten Verhandlung entscheiden muss.
Hinweis: Unkonventionelle Modelle wie das Wechselmodell hatte der Gesetzgeber bei Schaffung der Umgangsregelungen und Unterhaltsregelungen nicht vor Augen. Bedenken Sie dies bei Ihren Anträgen, wenn Sie in einem solchen Modell leben, und nehmen Sie Rücksprache mit Ihrem Rechtsbeistand.
Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.07.2024 – 5 UF 33/24
zum Thema: | Familienrecht |
(aus: Ausgabe 10/2024)