Der Bundesgerichtshof (BGH) musste sich mit der Frage befassen, welche Rolle beim Zugewinnausgleich jene Gehaltsbestandteile spielen, die dem Arbeitnehmer noch nicht ausbezahlt wurden. Zu den im Endvermögen als Zugewinn zu berücksichtigenden Vermögenswerten zählen alle dem Ehegatten zustehenden „rechtlich geschützten Positionen mit wirtschaftlichem Wert“, die am Stichtag bereits entstanden und unverfallbar sind.
Der Ehemann war als außertariflicher Mitarbeiter bei einer Bank beschäftigt. Sein Gehalt bestand aus festen und variablen Vergütungsbestandteilen. Teile der variablen Vergütung wurde als sogenannte „Long Term Incentive“ (LTI) immer erst nach Ablauf eines dreijährigen Zurückbehaltungszeitraums und einer daran anschließenden Sperrfrist im Oktober des vierten Jahres nach dem maßgeblichen Geschäftsjahr ausgezahlt. Hier ging es beim für den Zugewinn maßgeblichen Stichtag um die drei Boni der Vorjahre, die bereits berechnet, aber noch nicht auszahlungsreif waren: angekündigte 50.000 EUR für 2013, 96.000 EUR für 2014 und 94.800 EUR für 2015.
Es war dabei zu prüfen, ob es sich um ein gesichertes Recht des Ehemanns handelte, das von keiner Gegenleistung mehr abhängt, oder nur um eine reine „Aussicht“. Letztere wäre keinesfalls zugewinnrelevant. Es wurde zwar immer zum Ablauf eines Geschäftsjahres berechnet, wie viel der Mitarbeiter sich leistungsabhängig verdient hatte. Jedoch war die spätere Auszahlung auch von weiteren Faktoren abhängig – unter anderem von seinem späteren Verhalten. Wem beispielsweise verhaltensbedingt gekündigt wurde, oder wer risikorelevante Anweisungen des Arbeitgebers missachtet hatte, verlor Ansprüche wieder. Zudem hatte sich die Bank vorbehalten, bei negativem Geschäftserfolg des Konzerns den Bonuspool zu kürzen. Beides sprach gegen die zugewinnrelevante Verfestigung der Ansprüche.
Zwar wären die Ansprüche bei Tod vererblich gewesen, steuerrechtlich wurden sie zudem bereits im jeweiligen Jahr berücksichtigt. Doch obwohl diese beiden Gesichtspunkte für eine Verfestigung sprachen, entschied der BGH, noch nicht von einer ausreichend verfestigten Rechtsposition auszugehen, die einer rechtlich geschützten Anwartschaft vergleichbar wäre. Die noch nicht ausgezahlte variable Vergütung des Bänkers war hier also nicht Teil der Zugewinnberechnung.
Hinweis: Wenn es um Arbeitseinkommen oder Abfindungen im Zugewinn geht, ist immer das sogenannte Doppelverwertungsverbot zu prüfen. Einkommen, an dem der andere Ehegatte bereits durch Unterhalt seinen Anteil bekommen hatte, darf beim Zugewinn nicht erneut aufgeteilt werden.
Quelle: BGH, Beschl. v. 13.09.2023 – XII ZB 400/22
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(aus: Ausgabe 01/2024)