Je bekannter ein Produkt ist, desto höher ist die Gefahr, dass es kopiert wird. Im folgenden Fall war die Frage, ob einer Luxushandtasche erst ihr gutes Renommee zum Verhängnis wurde. Denn hier wurde das hochpreisige Accessoire zum Symbol inmitten einer modischen Inszenierung. Markenrechtsverletzung oder Kunstfreiheit – dies waren die beiden Seiten, die das Landgericht Frankfurt am Main (LG) abzuwägen hatte.
Ein Berliner Modelabel stellte unter anderem Kleider, Röcke, Tops und Taschen her. Die Kollektionsstücke wiesen charakteristische Merkmale einer Luxushandtasche auf, die markenrechtlich geschützt und weltweit bekannt ist. Das Label führte seine Kreationen auf einer Fashionshow vor, deren Darbietungen es im Internet sowie in sozialen Netzwerken veröffentlichte. Die Herstellerin der Luxustasche verlangte daraufhin, dem Modelabel diese Darstellungen zu untersagen. Die Designerinnen des Labels haben sich demgegenüber auf ihre Kunst- und Meinungsfreiheit berufen. Es sollte damit unter anderem auf weibliche Klischees hingewiesen werden, wonach sich Frauen diese Luxushandtaschen von sogenannten „Sugar Daddys“ schenken ließen. Die Akzeptanz dieses Vorurteils sei eine Form von Feminismus. Schließlich wurde geklagt.
Das LG entschied, dass im vorliegenden Fall eine Abwägung zwischen dem Eigentumsrecht der Herstellerin der Luxushandtasche und der Kunstfreiheit erforderlich ist. Es solle mit der Modekreation darauf hingewiesen werden, dass Frauen von Männern objektiviert und als gesellschaftliche Accessoires angesehen würden. Nach Ansicht der Designerinnen würden sich Frauen emanzipieren, indem sie genau diese Rolle einnähmen und Männer als „menschliche Bank“ für ihre Zwecke nutzen, wenn sie sich von diesen Luxustaschen schenken ließen.
„In dieser überspitzten gesellschaftlichen Darstellung tragen Frauen die Kleidungsstücke, die an die Luxustasche der Antragstellerin erinnern, in aufreizender und lasziver Art an der Grenze zu Kitsch und Geschmacklosigkeit. (…) Hierbei ist das Spiel zwischen primitiver Direktheit und ultimativen Luxusgütern essenzieller Bestandteil der Darbietung“, erklärte die Kammer in ihrem Beschluss und stellte zudem fest: „Auch wird die Marke der Antragstellerin nicht verunglimpft oder herabgesetzt. Vielmehr dient sie als ein gesellschaftlich angestrebter Bezugspunkt von Luxusgütern.“ Die Anlehnung an die Luxushandtasche sei dabei nur ein Teil der gesamten Inszenierung. Somit überwog in diesem Fall das in der Kunstfreiheit wurzelnde Interesse an der Darbietung der Fashionshow.
Hinweis: Der Grad, ob eine Markenrechtsverletzung vorliegt oder nicht, ist häufig sehr schmal. Wer sich nicht auf Rechtsstreitigkeiten einlassen möchte, versucht erst gar nicht, Produkte nachzuahmen.
Quelle: LG Frankfurt am Main, Urt. v. 19.09.2023 – 2-06 O 532/23 und 2-06 O 533/23
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(aus: Ausgabe 01/2024)