Ein Grundstückseigentümer ist berechtigt, nach Beendigung eines Nießbrauchsverhältnisses ein Miet- oder Pachtverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist zu kündigen. Ob dies auch in dem Fall gilt, in dem der Eigentümer das Grundstück im Wege der vorweggenommenen Erbfolge erhalten hat, war Gegenstand eines Rechtsstreits, der dem Bundesgerichtshof (BGH) vorlag.
Die Mutter der sich streitenden Geschwister hatte zu Lebzeiten ein Grundstück im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf den Sohn übertragen und sich ein Nießbrauchsrecht an dem Grundstück vorbehalten, das ihr erlaubte, das Grundstück zu nutzen und zu vermieten. Nach ihrem Tod ging dieses Nießbrauchsrecht an den überlebenden Ehemann über, der die Immobilie an die Firma der gemeinsamen Tochter vermietete. Nach dem Tod des Vaters kündigte der Bruder als Alleineigentümer diesen Mietvertrag und forderte die Rückgabe des Grundstücks. Er war zunächst sowohl vor dem Landgericht als auch vor dem Oberlandesgericht (OLG) erfolgreich.
Nun aber hat der BGH die Entscheidung des OLG aufgehoben und zur erneuten Entscheidung dorthin zurückverwiesen. Dies jedoch aus rein formalen Gründen – denn er stellte klar, dass das Sonderkündigungsrecht für den Eigentümer nach Beendigung des Nießbrauchsverhältnisses weiterhin bestehe. Ein Grundstückseigentümer, der das Eigentum durch vorweggenommene Erbfolge erwirbt, hafte nicht automatisch für die Mietverträge des Nießbrauchsberechtigten, wie es beispielsweise im Fall einer Erbschaft wäre. Eine Bindung an den Mietvertrag könne nur bestehen, wenn der Übertragungsvertrag eine entsprechende Bestimmung enthält – und eben dies war vorliegend nicht der Fall.
Hinweis: Die in Übertragungsverträgen häufig verwendete Klausel, dass „Miet- und Pachtverhältnisse vom Erwerber beim Nießbrauchsende zu übernehmen“ seien, reichen für eine über die gesetzliche Regelung hinausgehende Bindung an das Mietverhältnis nicht aus.
Quelle: BGH, Beschl. v. 12.06.2024 – XII ZR 92/22
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(aus: Ausgabe 12/2024)