Wenn ein Privatgutachter zur Einschätzung kommt, dass die Notreparatur eines Unfallfahrzeugs unwirtschaftlich ist, sollte sich ein Laie doch darauf verlassen und einen Mietwagen beschaffen dürfen – oder etwa nicht? Weil die Frage der Verhältnismäßigkeit offensichtlich nicht so klar war, ging sie in Sachen Kostenerstattung für den Mietwagen vom Landgericht Hannover (LG) schließlich bis zum Oberlandesgericht Celle (OLG).
In dem zugrundeliegenden Fall klagte die Geschädigte eines Verkehrsunfalls vor dem LG auf Erstattung der Mietwagenkosten. Sie hatte sich bis zur Reparatur des verunfallten Fahrzeugs einen Mietwagen beschafft, und der von ihr beauftragte Privatgutachter kam zur Einschätzung, dass eine Notreparatur des Fahrzeugs unwirtschaftlich sei. Der vom Gericht beauftragte Sachverständige hatte hingegen die Notreparatur für durchaus wirtschaftlich erachtet. Das LG wies die Klage der Klägerin daher ab – weiter ging es mit Berufung der Klägerin zum OLG.
Das OLG entschied schließlich zugunsten der Klägerin. Ihr stehe ein Anspruch auf Erstattung der Mietwagenkosten zu. Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht sei der Klägerin nicht anzulasten. Sie hätte keine Notreparatur ihres Fahrzeugs veranlassen müssen. Sie habe der plausiblen und nachvollziehbaren Einschätzung des von ihr beauftragten Sachverständigen folgen dürfen. Für die Klägerin als Laiin sei die Einschätzung der Wirtschaftlichkeit einer Notreparatur nicht erkennbar gewesen.
Hinweis: Der vom LG beauftragte Sachverständige hat – entgegen den privatgutachterlichen Feststellungen – dargelegt, dass er eine Notreparatur für möglich und wirtschaftlich erachtet hätte. Er hat in seiner persönlichen Anhörung aber auch bekundet, dass der Privatgutachter die Wirtschaftlichkeit bzw. Möglichkeit einer Notreparatur nicht hätte erkennen können, weil dieser – unterstellt – keinen Zugriff auf das VW-Bestellsystem gehabt habe. Ebenso hätte die Geschädigte als Laiin nicht die Möglichkeit einer Notreparatur erkennen können.
Quelle: OLG Celle, Urt. v. 13.09.2023 – 14 U 19/23
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(aus: Ausgabe 12/2023)