Seinen Arbeitgeber öffentlich zu kritisieren, ist immer ein riskantes Unterfagen. Als Auszubildender in der Probezeit gilt es zudem, eine ganz besondere Vorsicht walten zu lassen – denn ihnen kann der Arbeitgeber auch ohne Vorliegen eines Grunds kündigen. Beide imaginären Warnschilder hatte der Kläger im folgenden Fall des Arbeitsgerichts Berlin (ArbG) entweder nicht gesehen oder schlichtweg ignoriert.
Ein Auszubildender begann im September 2023 eine Ausbildung zum Mediengestalter im Springerkonzern. Nach dem Angriff der Hamas auf Israel am 07.10.2023 stellte der Azubi auf der Plattform „Teams“ als Profilbild den Text „I don’t stand with Israel“ ein. Auf YouTube veröffentlichte er unter Verwendung von Bildmaterial seiner Arbeitgeberin ein Video mit dem Titel „Wie entsteht eine Lüge“ über die Berichterstattung der Arbeitgeberin über den Angriff der Hamas auf Israel. Der Verlag bewertete dies als Angriff auf die Unternehmenswerte und sprach innerhalb der vereinbarten Probezeit zwei fristlose Kündigungen des Ausbildungsverhältnisses aus. Der Azubi klagte dagegen.
Die Klage wurde vom ArbG jedoch abgewiesen. War die erste Kündigung noch aufgrund einer fehlerhaften Betriebsratsanhörung unwirksam, galt dies nicht für die zweite Kündigung. Ein Ausbildungsverhältnis könne während der Probezeit jederzeit und ohne Angabe eines Grunds gekündigt werden. Die erfolgte Kündigung stellte zudem auch keine verbotene Maßregelung dar, wie der Azubi behauptete, sondern lediglich eine berechtigte Interessenwahrnehmung des Unternehmens. Auch die grundsätzlich geschützte Meinungsäußerungsfreiheit rechtfertigte das online eingestellte Video nicht.
Hinweis: Ist die Probezeit eines Auszubildenden erst einmal vorbei, wird es für den Arbeitgeber schwieriger, sich von ihm zu trennen. Dann muss schon ein wichtiger Grund vorliegen, damit gekündigt werden kann. Je mehr sich die Ausbildung dem Ende entgegenneigt, desto schwerer muss der Kündigungsgrund wiegen.
Quelle: ArbG Berlin, Urt. v. 22.05.2024 – 37 Ca 12701/23
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(aus: Ausgabe 08/2024)