Dass Erben einer geschiedenen Witwe weiterhin Unterhalt zahlen müssen, regelt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB). Die Anwendbarkeit dieser Regelung war beim Oberlandesgericht Celle (OLG) im Zusammenhang mit einem Ehevertrag zu prüfen. In dem Ehevertrag hatten nämlich die Ehefrau und der – nun verstorbene – Ehemann nicht nur den Unterhaltsanspruch recht eigenwillig geregelt, sondern auch gegenseitig auf Pflichtteilsansprüche verzichtet.
Für die geschiedene Ehefrau ging es nun im Streit mit den Erben – ihren Stiefkindern – um knapp 600.000 EUR. Zu prüfen war zunächst, ob die vertragliche Unterhaltsregelung nur die gesetzlichen Ansprüche konkretisierte oder ob es sich um eine sogenannte selbständige Unterhaltsvereinbarung, also rein vertragliche Ansprüche, handelte. Denn § 1586b BGB findet nur auf „gesetzliche“ und „das Gesetz konkretisierende“ Unterhaltsansprüche Anwendung.
Das OLG legte die vom Gesetz abweichende Individualvereinbarung als „selbständig“ aus. Daher war im nächsten Schritt zu prüfen, ob diese nach dem mutmaßlichen Willen der Vertragsbeteiligten auch über den Tod des Verpflichteten hinaus gelten sollte. Das bejahte das Gericht und legte dazu die Gesamtvereinbarung und ihren Versorgungscharakter für die Frau aus. Für eine lebenslange Unterhaltsrente der Klägerin – über den Tod des Manns hinaus – spreche auch, dass die Ehegatten eine Befristung der Unterhaltsverpflichtung bis zu dessen Tod hätten aufnehmen können, dies aber unterlassen haben. Die Parteien des Ehevertrags gingen wegen der sehr guten Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Manns ersichtlich von einer unbeschränkten Leistungsfähigkeit des Erblassers bis zu seinem Tod und im Hinblick auf den zu erwartenden hohen Nachlass auch über seinen Tod hinaus aus.
Das Argument des Landgerichts, durch den Pflichtteilsverzicht hätten die Parteien zum Ausdruck gebracht, dass das Erbe nicht mit Unterhaltsansprüchen belastet werden solle, trug das OLG nicht mit. Der Pflichtteilsverzicht der Klägerin sei gerade bei einem lebenslangen Anspruch auf Unterhalt für den Fall sinnvoll gewesen, dass der Mann noch vor der Scheidung gestorben wäre. Im Ergebnis hafteten die Erben also trotz des nicht anwendbaren § 1586b BGB für den Unterhalt.
Hinweis: Wer seine Erben nicht mit Unterhaltsansprüchen nach seinem Tod belasten will, muss mit dem Unterhaltsberechtigten eine explizite vertragliche Lösung finden, die ihn absichert, zum Beispiel eine Lebensversicherung.
Quelle: OLG Celle, Beschl. v. 20.03.2023 – 6 U 36/22
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(aus: Ausgabe 09/2023)