Nachweispflicht: Ein totes Reh vor der Motorhaube macht noch lange keinen Wildunfall

Artikel vom 06.01.2025

Autofahrer müssen nach einem Wildunfall für Ansprüche gegen die Kaskoversicherung den Nachweis führen, dass das Wildtier für die Schäden ursächlich war. Das Amtsgericht München (AG) hatte eine derartige Klage gegen einen Kfz-Versicherer zu bewerten. Und siehe da: Obwohl ein Reh beim verunfallten Pkw lag, konnte das Sachverständigengutachten den behaupteten Unfallhergang nicht bestätigen. Das hatte seine Gründe.

Autofahrer müssen nach einem Wildunfall für Ansprüche gegen die Kaskoversicherung den Nachweis führen, dass das Wildtier für die Schäden ursächlich war. Das Amtsgericht München (AG) hatte eine derartige Klage gegen einen Kfz-Versicherer zu bewerten. Und siehe da: Obwohl ein Reh beim verunfallten Pkw lag, konnte das Sachverständigengutachten den behaupteten Unfallhergang nicht bestätigen. Das hatte seine Gründe.

Der Kläger machte gegen eine Versicherung nach einem behaupteten Wildunfall aus einem Kaskoversicherungsvertrag eine Entschädigung von 2.730 EUR sowie Abschleppkosten von 223,23 EUR geltend. Der Kläger trug vor, er sei im März 2021 gegen 21:30 Uhr auf einer abschüssigen, ländlichen Straße in Nordrhein-Westfalen gefahren. In einem Kurvenbereich sei ihm plötzlich ein Reh auf die Motorhaube gesprungen, weshalb er nichts mehr gesehen und die Kontrolle über das Fahrzeug verloren habe. Er sei zweimal gegen die rechte Leitplanke gestoßen. Nach dem Stillstand sei das Reh schließlich von der Motorhaube gerutscht. Der Kläger habe nach dem Unfall die Polizei verständigt, bei deren Ankunft das tote Reh noch an besagter Stelle lag. An dem Pkw sei ein wirtschaftlicher Totalschaden entstanden. Die Versicherung verweigerte jedoch eine Regulierung des Schadens mit der Begründung, dass sich mit Ausnahme des toten Rehs keine Anzeichen für einen Wildunfall finden ließen.

Das AG hat die Klage tatsächlich abgewiesen, da es nach Durchführung der Beweisaufnahme den Nachweis, dass das Reh für den Unfall ursächlich war, als nicht geführt ansah. Das unfallanalytische Sachverständigengutachten konnte zwar einzelne Schäden dem Kontakt mit einer Leitplanke vor Ort zurechnen – nicht jedoch alle insoweit maßgeblichen Beschädigungen an dem Fahrzeug. Anknüpfungspunkte, dass es zu einer Anstoßsituation mit einem Reh gekommen ist, hatten sich aus technischer Sicht nicht ergeben. Der Kläger konnte keinen Zeugen vorweisen, der den Unfallhergang beobachtet hatte, habe auch keine Fotos am Unfallort gefertigt oder von den Polizeibeamten fertigen lassen. Außerdem hatte er das Fahrzeug verkauft, das anschließend verschrottet wurde. Insofern hatte er vereitelt, dass ein Gerichtssachverständiger weitere Überprüfungen vornehmen konnte. Nachdem der Kläger Ansprüche gegen seine Versicherung geltend machen wollte, hätte es ihm oblegen, entsprechende Beweise zu sichern. Der Kläger hatte nach eigenen Angaben innerhalb von zwei bis drei Jahren stolze zehn Wildunfälle gehabt und Ansprüche gegenüber unterschiedlichen Versicherungen geltend gemacht, da er die Versicherungen gewechselt hatte. Die Aussagen des Klägers waren in Anbetracht der oben geschilderten Ausführungen nicht ausreichend, um nachzuweisen, dass der geltend gemachte Schaden darauf zurückzuführen sei, dass ein Reh auf seiner Motorhaube zum Liegen kam und er zweimal ohne sein eigenes Verschulden eine Leitplanke berührt habe.

Hinweis: Der Versicherungsnehmer hat den Vollbeweis dafür, dass ein Zusammenstoß mit einem Tier erfolgt ist, zu erbringen. Er muss also beweisen, dass es zu einem Zusammenstoß zwischen dem in Fahrt befindlichen versicherten Fahrzeug und einem Tier gekommen ist. Er muss auch darlegen und beweisen, dass bei diesem Zusammenstoß diejenigen Schäden entstanden sind, für die er die Versicherungsleistung geltend macht.

Quelle: AG München, Urt. v. 22.08.2024 – 123 C 13553/23

zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 01/2025)

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