Immer wieder versuchen besonders Gewerbevermieter, die Vertragsausgestaltung zu ihren Gunsten zu gewichten. Und tatsächlich sind Gewerbemieter nicht so geschützt wie die Mieter von Wohnräumen. Ob sich aber Vermieter von Gewerbeflächen einen so weiten Spielraum einräumen dürfen, ihren Mietern selbst bei bei höherer Gewalt wie dem Jahrhunderthochwasser das Kündigungsrecht zu versagen und ihnen lediglich die Mietzahlung zu erlassen, musste das Landgericht Hagen (LG) klären.
Es ging um einen Ladenmietvertrag in einem Einkaufszentrum. Dieser enthielt eine Klausel, wonach das Mietverhältnis in Fällen höherer Gewalt nicht erlischt, sondern lediglich die Pflicht der Mieterin zur Zahlung der Miete endet. Zudem war eine Kündigungsmöglichkeit nur dem Vermieter vorbehalten. Dann kam das Hochwasser vom 14.07.2021. Nachdem die Räumlichkeiten elf Monate nicht zur Verfügung gestanden hatten und eine Wiedereröffnung nicht absehbar war, kündigte die Mieterin den Mietvertrag im Juni 2022. Als die Vermieterin das nicht akzeptierte, klagte die Mieterin auf Feststellung, dass kein Mietverhältnis mehr bestehe.
Mit ihrer Klage lag die Mieterin nach Ansicht des LG richtig. Eine Klausel in einem Gewerbemietvertrag, wonach das Mietverhältnis bei höherer Gewalt nicht erlischt, sondern lediglich die Pflicht der Mieterin zur Zahlung der Miete endet, ist unwirksam. Die gewerbliche Mieterin war allein durch den Entfall der Mietzahlung nicht hinreichend geschützt, da allein mit der Ersparnis der Miete die Unternehmerin keinen Gewinn erzielen konnte. Dies könne allein durch die Geschäftstätigkeit ermöglicht werden. Wäre sie weiterhin an den Vertrag gebunden, könnte sie nur über das Risiko doppelter Vertragsbindung durch einen weiteren Mietvertrag erreichen, auf dem Markt weiter sichtbar zu bleiben. Das erschien jedoch dem Gericht unangemessen.
Hinweis: Mieter von Gewerberäumen haben bei höherer Gewalt also tatsächlich ein Recht zur fristlosen Kündigung. Das kann auch nicht durch das Kleingedruckte im Mietvertrag ausgeschlossen werden.
Quelle: LG Hagen, Urt. v. 08.02.2023 – 23 O 36/22
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(aus: Ausgabe 06/2023)