Aufgrund der Verfassungsbeschwerde eines leiblichen Vaters vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entsteht nun Handlungsbedarf für den Gesetzgeber. Denn nach derzeitiger Gesetzeslage bleiben die Rechte des leiblichen Vaters auf der Strecke, wenn es einen anderen rechtlichen Vater gibt, der in einer familiären Beziehung mit dem Kind lebt.
In der Folge kann der leibliche Vater kein Sorgerecht bekommen und seinen Familiennamen nicht weitergeben. Er hat kein so ausgeprägtes Umgangsrecht wie ein rechtlicher Vater und kann zudem auch nicht die rechtliche Vaterschaft des anderen Manns anfechten – selbst wenn unstreitig ist, dass er der biologische Vater ist. Das Gesetz sieht vor, dass das Vaterschaftsanfechtungsrecht des – feststehend – biologischen Vaters ausnahmslos ausgeschlossen ist, wenn zwischen dem Kind und dem gesetzlichen Vater eine sozial-familiäre Beziehung besteht. In einem solchen Fall bleibt das Begehren des biologischen Vaters, auch rechtlicher Vater des Kindes zu werden, immer erfolglos – selbst wenn auch er eine Beziehung zu seinem leiblichen Kind hat.
Einer dieser Väter hatte mit der Mutter bis kurz nach der Geburt des gemeinsamen Kindes zusammen gelebt und auch nach der Trennung täglichen Umgang mit dem Kind gehabt. Beim Jugendamt hatte er eine Vaterschaftsanerkennung hinterlegt, der die Mutter aber nicht zustimmte. Daraufhin beantragte er die Feststellung seiner Vaterschaft beim Familiengericht. Daraufhin legte die Mutter eine Vaterschaftsanerkennung eines anderen Manns vor, mit dem sie nun unverheiratet zusammenlebte. Deshalb wies das zuständige Oberlandesgericht Naumburg (OLG) ein Jahr später den Antrag des leiblichen Vaters zurück – durch den Zeitablauf habe nun der neue Partner eine sozial-familiäre Bindung zu dem Kind, weshalb dessen rechtliche Vaterschaft nicht mehr angefochten werden könne. Schließlich sei höchstrichterlich geklärt, dass maßgeblicher Zeitpunkt für das Bestehen einer sozial-familiären Beziehung der Schluss der Beschwerdeinstanz sei. Der Senat verkenne nicht, dass der Beschwerdeführer keine Chance gehabt habe, die rechtliche Vaterstellung einzunehmen. Dies sei jedoch Folge der gesetzlichen Regelung.
Das BVerfG sah das nach dem derzeitigen Gesetz zwar nicht anders, es stellte aber fest, dass die benannte Anfechtungssperre mit dem Elterngrundrecht (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz) unvereinbar ist. Denn auch der leibliche Vater habe dieses Grundrecht. Das BVerfG erklärte die Norm aber nicht für nichtig, sondern für befristet fortgeltend, und setzte dem Gesetzgeber eine Frist bis 30.06.2025 für die nötigen Änderungen. Dabei ließ es dem Gesetzgeber offen, ob die Neuregelung weiterhin die Zahl der rechtlichen Eltern auf zwei begrenzt oder ob es in Zukunft Dreielternfamilien geben wird. Der Fall des Antragstellers wurde zurück an das OLG gegeben und dort ausgesetzt, bis der Gesetzgeber eine neue Regelung getroffen hat.
Hinweis: Das Bundesjustizministerium kündigte eine weitreichende Reform des Familienrechts an. Von der Stärkung der Rechte von leiblichen Vätern war dabei die Rede – von einer Ausweitung auf drei oder mehr Eltern jedoch noch nicht.
Quelle: BVerfG, Beschl. v. 09.04.2024 – 1 BvR 2017/21
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(aus: Ausgabe 06/2024)