Wenn ein Arbeitnehmer eine Zahlung bekommt, heißt das noch lange nicht, dass anderen auch ein solcher Anspruch zusteht. Denn auch beim arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz sind Ausnahmen erlaubt – und zwar in den Fällen, die sachlich nachvollziehbar begründet werden können. So verhielt es sich auch in diesem Fall vor dem Arbeitsgericht Paderborn (ArbG).
Seit dem Jahr 2009 war eine Verkäuferin in Teilzeit beschäftigt. Die Arbeitgeberin hatte allen bei ihr beschäftigten Arbeitnehmern den Abschluss neuer Arbeitsverträge angeboten. Die Verkäuferin hatte das Angebot nicht angenommen. Im Jahr 2022 bekam sie keine Jahressonderleistung. Sie klagte die Zahlung ein, und die Arbeitgeberin zahlte daraufhin, woraufhin der Rechtsstreit für erledigt erklärt wurde. Wenige Zeit später wurden die Mitarbeiter darüber informiert, dass allen Mitarbeitern, die keine Sonderleistungen erhalten hatten, aufgrund der steigenden Inflation eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 1.000 EUR netto ausgezahlt werden. Teilzeitkräfte erhielten diese entsprechend anteilig. Die Verkäuferin erhielt keine Zahlung – und sie klagte wieder. Unter Berücksichtigung ihrer Teilzeittätigkeit verlangte sie 666 EUR und meinte, sie hätte einen Anspruch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
Das ArbG hat ihre Klage auf Zahlung der anteiligen Inflationsausgleichsprämie abgewiesen. Die Arbeitgeberin durfte nach sachlichen Gründen differenzieren, welcher Arbeitnehmergruppe sie einen Inflationsausgleich zukommen lassen wollte und welcher nicht. Es ging der Arbeitgeberin um eine Angleichung der Arbeitsbedingungen. Nach § 612a Bürgerliches Gesetzbuch darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer nicht deshalb benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Denn ein Arbeitnehmer darf verlangen, dass eine rechtswidrige Benachteiligung durch den Arbeitgeber beseitigt wird. Die Beseitigung kann nur dadurch erfolgen, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer so stellt, wie er ohne die Maßregelung stünde. Die Rechtsausübung durch die Verkäuferin war aber nicht kausal für die von der Arbeitgeberin vorgenommene Maßnahme. Denn die Verkäuferin hatte ja nicht deshalb kein Geld bekommen, als sie keinen neuen Arbeitsvertrag unterschrieben hatte. Grund für die Zahlung war die Inflation. Hier hatte die Arbeitgeberin bei der Verteilung in zulässiger Weise zwischen jenen Arbeitnehmern differenziert, die bereits die Sonderzahlung erhalten hatten, und solchen Arbeitnehmern, die eine solche nicht erhalten hatten.
Hinweis: Generell muss Gleiches stets gleich behandelt werden, es sei denn, es gibt einen sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung – so wie in diesem Fall.
Quelle: ArbG Paderborn, Urt. v. 06.07.2023 – 1 Ca 54/23
zum Thema: | Arbeitsrecht |
(aus: Ausgabe 11/2023)