Um formwirksam zu sein, ist ein privatschriftliches Testament vom Erblasser eigenhändig zu unterschreiben. Das Oberlandesgericht München (OLG) hat klargestellt, dass man nicht automatisch davon ausgehen muss, dass ein Schriftstück, das den Namenszug des Erblassers trägt, auch tatsächlich von diesem stammt. Fehlen zur Beurteilung der Echtheit Beweise und Zeugen, bleibt die Klärung einem Schriftsachverständigen vorbehalten.
Der verheiratete Erblasser war 2021 an den Folgen eines bösartigen Hirntumors verstorben. In seinem Testament, das er wenige Monate nach der Diagnose erstellt hatte, setzte er seine Schwester zur Alleinerbin ein. Die Witwe sowie die Tochter des Erblassers aus erster Ehe zweifelten jedoch die Eigenhändigkeit des vorgelegten Testaments sowie die Testierfähigkeit des Erblassers an. Nachdem das Nachlassgericht deshalb in Sachen Eigenhändigkeit ein Gutachten eines Schriftsachverständigen eingeholt hatte, wurde durch den Senat des OLG zudem ein Gutachten zur Frage der Testierfähigkeit des Erblassers erstellt. Der Schriftsachverständige kam zu dem Ergebnis, dass die Wahrscheinlichkeit für die Urheberschaft des Erblassers als hoch angenommen werden könne.
Dies reiche nach Ansicht des OLG aus. Es bedarf keiner absoluten Gewissheit darüber, dass der Erblasser das Schriftstück erstellt habe. Hinsichtlich der Testierfähigkeit ist grundsätzlich davon auszugehen, dass Personen mit Erreichen des 16. Lebensjahrs testierfähig sind. Da die Störung der Geistestätigkeit die Ausnahme bildet, ist ein Erblasser bis zum Beweis des Gegenteils auch als testierfähig anzusehen. Das Gericht folgte den Ausführungen des Sachverständigen, dass bei dem Erblasser zwar eine Erkrankung vorlag, die mit einer Störung der Geistestätigkeit einhergehen könne. Dies müsse aber nicht zwingend zum Ausschluss der freien Willensbildung geführt haben. Insofern verbleibe es bei der Grundannahme, dass der Erblasser als testierfähig angesehen werden müsse.
Hinweis: Die Beurteilung der Testierfähigkeit erfolgt regelmäßig durch Psychiater, gegebenenfalls auch durch Neurologen.
Quelle: OLG München, Beschl. v. 12.08.2024 – 33 Wx 294/23 e
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(aus: Ausgabe 02/2025)