Können Eltern ihrer Pflege- und Erziehungsverantwortung nicht gerecht werden, haben Kinder einen Anspruch auf den Schutz durch den Staat. Dieser Schutz durch den Staat endet laut einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) jedoch, sobald den Eltern eine positive Zukunftsprognose gestellt werden kann – und dies selbst bei einem verbleibenden Restrisiko.
Die Eltern waren mit ihrem vier Wochen alten Kind in einem Krankenhaus. Dort wurden Verletzungen festgestellt, die ein Schütteltrauma als Ursache vermuten ließen. Folglich wurde ein Sorgerechtsverfahren nach Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz eingeleitet. Das Familiengericht kam über ein Sachverständigengutachten zu der Überzeugung, dass das Kind zwei jeweils durch einen Elternteil verursachte, potentiell lebensgefährliche Schütteltraumata erlitten hat. Den Eltern wurden daher weite Teile des Sorgerechts entzogen – doch diese legten erfolgreich Beschwerde beim Oberlandesgericht (OLG) ein.
Das OLG hob den Beschluss des Familiengerichts gegen Auflagen auf. Das Gericht konnte zwar das Risiko erneuter Verletzungen nicht ausschließen, kam aber trotzdem zu dem Schluss, dass eine dauerhafte Fremdunterbringung nicht erforderlich sei. Durch die Auflagen könne das Eintreten einer Überforderungssituation vermieden werden.
Der Verfahrensbeistand des Kindes richtete sich gegen diese Entscheidung mit einer Verfassungsbeschwerde an das BVerfG – und scheiterte. Kommt ein Gericht zu dem Schluss, dass eine Rückführung trotz anhaltender Gefahr stattzufinden hat, ist diese Entscheidung dann hinzunehmen, wenn eine vollständige Abwägung der widerstreitenden Interessen stattgefunden habe und die Entscheidung nachvollziehbar begründet werden könne.
Hinweis: Möchten Sie einen Rückführungsbeschluss angreifen, müssen Sie deutliche Wertungsfehler des rückführenden Gerichts herausarbeiten bzw. darlegen, dass das Kind einer erheblichen körperlichen und/oder seelischen Gefahr ausgesetzt ist.
Quelle: BVerfG, Beschl. v. 20.11.2024 – 1 BvR 1404/24
zum Thema: | Familienrecht |
(aus: Ausgabe 02/2025)