Die folgende Fallkonstellation wird sich angesichts der sich ändernden klimatischen Bedingungen wohl in ähnlicher Weise künftig häufen. Denn hier landete während eines Unwetters ein Baum auf einem geparkten Auto, das glücklicherweise unbesetzt war. Das Amtsgericht München (AG) musste bewerten, inwieweit dieser Vorfall in Zusammenhang mit der Baumpflege und der Verkehrssicherungspflicht gesetzt werden konnte.
Die Klägerin hatte ihren Pkw auf einer öffentlichen Straße gegenüber dem Parkhaus geparkt, für das die Beklagte die Verkehrssicherungspflicht und die Baumpflege übernommen hatte. Ein auf dem Gelände des Parkhauses stehender Laubbaum stürzte während eines Unwetters um und fiel mit der Krone auf den Pkw der Klägerin. Die Klägerin war nun der Auffassung, die Beklagte habe ihre Verkehrssicherungspflicht im Hinblick auf die Baumpflege verletzt, da für sie feststand, dass der Baum eine Vorschädigung gehabt haben müsse, um dem Sturm derart erst zum Opfer zu fallen und in der Folge auf ihr Auto.
Das AG hat die Klage abgewiesen. Der Klägerin war es nicht gelungen, nachzuweisen, dass die Beklagte ihre – durchaus bestehende – Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich des gefallenen Baums verletzt habe. Sie konnte dabei aber keinerlei Anhaltspunkte dafür vortragen, dass der Baum vorgeschädigt war und die Beklagte dies hätte erkennen müssen. Beides sei jedoch für eine Haftung der Beklagten erforderlich. Die vorgelegten Lichtbilder zeigten die Überreste des Baums lediglich aus der Entfernung – Schäden oder Krankheitszeichen waren darauf nicht erkennbar. Es war nicht einmal bekannt, ob der Baum abgebrochen sei oder gar entwurzelt wurde. Die Beklagte konnte ihrerseits jedoch nachweisen, dass die auf dem Gelände des Parkhauses stehenden Bäume regelmäßig durch Mitarbeiter kontrolliert, gewässert und geschnitten wurden. Doch auch, wenn man diese Pflege nicht für ausreichend erachten würde: Eine Haftung der Beklagten käme trotzdem nicht in Betracht. Selbst wenn die Bäume gar nicht kontrolliert worden wären, wäre dies für das Schadensereignis nur kausal, wenn eine regelmäßige Besichtigung zur Entdeckung der Gefahr bzw. der Schädigung des Baums hätte führen können. Denn auch ein gesunder Baum kann bei einem Unwetter abbrechen oder entwurzelt werden.
Hinweis: Dem Geschädigten obliegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) nicht nur der Nachweis für die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht an sich, sondern auch der Nachweis, dass bei zumutbarer Überwachung der Bäume ihre Schädigung entdeckt worden wäre. Weder besteht ein Anscheinsbeweis dahingehend, dass ein bei Unwetter umfallender Baum vorgeschädigt sein muss, noch sieht das Gesetz eine Gefährdungshaftung für Bäume vor. Nach der Rechtsprechung des BGH ist die abstrakte Baumgefahr als naturbedingt hinzunehmen.
Quelle: AG München, Urt. v. 19.07.2023 – 113 C 18489/22
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(aus: Ausgabe 04/2024)