Fristen sind einzuhalten – das gilt besonders in gerichtlichen Verfahren. Fristversäumnisse sind nicht nur ärgerlich, sondern können auch richtig teuer werden, so wie in diesem Fall, der bis vor den Bundesgerichtshof (BGH) ging. Hier hatte der Rechtsanwalt in einem Familienrechtsverfahren eine Rechtsmittelbegründung zu spät eingereicht und die sogenannte Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdebegründungsfrist beantragt. Man ahnt, wie das ausging.
Ein Ehemann wurde verurteilt, seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau den Betrag von 293.000 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Dieser Beschluss wurde seinem Verfahrensbevollmächtigten am 25.07.2023 zugestellt, die dagegen gerichtete Beschwerde am 24.08.2023 eingereicht. Am 02.10.2023 ging beim Amtsgericht (AG) ein Schriftsatz des Antragsgegners vom selben Tag ein, mit dem dieser die Beschwerde begründete. Das AG leitete den mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehenen Schriftsatz am 04.10.2023 auf elektronischem Weg an das zuständige Oberlandesgericht (OLG) weiter. Am selben Tag wies das OLG per Beschluss darauf hin, dass beabsichtigt sei, die Beschwerde des Antragsgegners als unzulässig zu verwerfen, weil die Rechtsmittelbegründung nicht innerhalb der geltenden Frist (§ 117 Abs. 1 Satz 3 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) eingegangen sei. Diese beläuft sich bei der Begründung auf zwei Monate ab Bekanntgabe der Entscheidung. Es wurde vom Rechtsanwalt sodann die sogenannte Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdebegründungsfrist beantragt – unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung seiner ansonsten zuverlässigen Kanzleimitarbeiterin, die für das Fristenmanagement zuständig war. Dennoch blieb der Antrag erfolglos.
Es entspricht laut BGH der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass ein Rechtsanwalt die Führung des Fristenkalenders im Rahmen einer von ihm zu verantwortenden Büroorganisation auf sein geschultes, als zuverlässig erprobtes und sorgfältig überwachtes Personal zur selbständigen Erledigung übertragen darf. Dennoch muss der Rechtsanwalt alles ihm Zumutbare tun, um die Wahrung der Fristen zu gewährleisten. So hat er durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden, und die Fristen auch in der Handakte einzutragen. Der Anwalt muss die Fristen auch immer dann kontrollieren, wenn ihm die Handakte zur Bearbeitung vorgelegt wird. Dies hat er hier unterlassen – und sein Mandant nun das Nachsehen.
Hinweis: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Der Ehemann kann nun den Anwalt in die Haftung nehmen – ein weiterer für alle Seiten nervenaufreibender Prozess. Besser ist es daher, wenn der Anwalt auch den Mandanten stets über sämtliche Fristen in Kenntnis setzt und somit auch für sich eine weitere Kontrollinstanz einsetzt.
Quelle: BGH, Beschl. v. 31.07.2024 – XII ZB 573/23
zum Thema: | Familienrecht |
(aus: Ausgabe 11/2024)