Berufsbetreuer für eine demente oder behinderte Person genießen einen Vertrauensvorschuss bei der Betreuungsbehörde und dem Betreuungsgericht dahingehend, dass er das fremde Vermögen uneigennützig verwaltet. Dazu passt es ethisch nicht, dass ein Berufsbetreuer Erbe wird. Während Erbeinsetzungen von Mitarbeitern von Heimen und Pflegeeinrichtungen unzulässig und derlei Testamente unwirksam sind, musste hier das Oberlandesgericht Nürnberg (OLG) klären, wie es sich bei Berufsbetreuern verhält.
Ein Berufsbetreuer hatte einen Betreuten bei der Erstellung eines teilweise handschriftlich verfassten Testaments unterstützt, indem er dem unverheirateten und kinderlosen Betreuten einen maschinengeschriebenen Lückentext zur Verfügung gestellt hatte. In dem Text wird darauf hingewiesen, dass der Betreute diese Vorgehensweise gewünscht habe, da er keine längeren Texte mehr handschriftlich verfassen könne. In dem Testament setzte der Betreute den Berufsbetreuer als Alleinerben ein. Nachdem der Betreute verstorben war, beantragte sein ehemaliger Betreuer die Erteilung eines Erbscheins beim Amtsgericht (AG), der ihm nicht erteilt wurde, weil das Testament als formunwirksam und zudem als sittenwidrig angesehen wurde. Gegen den Beschluss des AG legte der ehemalige Betreuer Beschwerde ein und hatte damit Erfolg.
Das OLG hob den Beschluss des Nachlassgerichts auf und wies es an, den beantragten Erbschein zu erteilen. Das Gericht verneinte auch die Nichtigkeit des Testaments wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot. Zwar verstoßen Berufsbetreuer, die die Erbschaft einer von ihnen zuvor betreuten Person annehmen, gegen eine Berufspflicht – dies habe nach dem Willen des Gesetzgebers und wegen des Vorrangs der Testierfreiheit aber nicht die Unwirksamkeit des Testaments zur Folge. Folglich gelangte das OLG zu dem Ergebnis, dass der Berufsbetreuer Erbe geworden sei. Das Annahmeverbot bringe „lediglich“ die Konsequenz mit sich, dass die Zuverlässigkeit des Berufsbetreuers fraglich sei, was zum Widerruf von dessen Registrierung führen könne. In der Folge muss der Betreuer hier nun also abwägen, ob er seinen Beruf weiterhin ausüben möchte oder ob ihm das Erbe gegebenenfalls ermöglicht, auf die Erwerbseinkünfte verzichten zu können.
Hinweis: Der Gesetzgeber hat bei Berufsbetreuern bewusst eine andere Wertung vorgenommen als für Mitarbeiter von Heimen und Pflegeeinrichtungen (vgl. § 14 Heimgesetz). Werden Letztere als Erben eingesetzt, ist das Testament gar nicht erst wirksam. Der Berufsbetreuer hingegen kann sogar eine Ausnahme von dem Annahmeverbot (§ 30 Abs. 1 Betreuungsorganisationsgesetz (BtOG)) nach § 30 Abs. 3 BtOG beantragen. Denn es sind Fallkonstellationen vorstellbar, bei denen die Erbeinsetzung eines Berufsbetreuers durch den Betreuten gewollt, angemessen und durchaus sinnvoll ist.
Quelle: OLG Nürnberg, Beschl. v. 19.07.2023 – 15 Wx 988/23
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(aus: Ausgabe 01/2024)