Das Oberlandesgericht München (OLG) musste sich mit der Wirksamkeit einer Klausel in einem privatschriftlichen Testament beschäftigen. Der Erblasser hatte zwei Söhne, die er jeweils hälftig zu seinen Erben einsetzte. Auf der letzten Seite des Testaments verfügte der Erblasser, dass er seinen namentlich benannten Sohn enterbt, sollte dieser seine derzeitige Lebensgefährtin heiraten. So etwas kann doch nicht zulässig sein – oder etwa doch?
Der Sohn heiratete seine Lebensgefährtin trotz der Klausel. Und es kam, was zu erwarten war: Nach dem Tod des Erblassers beantragte der Bruder einen Alleinerbschein. Diesen wies das Nachlassgericht jedoch zurück, da es der Ansicht war, dass die Klausel in dem Testament sittenwidrig sei.
Das OLG teilte diese Ansicht im Ergebnis nicht und argumentierte damit, dass die Testierfreiheit des Erblassers Vorrang habe vor der Eheschließungsfreiheit des Sohns. Der Erblasser durfte frei darüber bestimmen, wen er als Erben einsetzen wollte. Selbst wenn man unterstellen wollte, dass die Klausel sittenwidrig wäre, führt dies nach Ansicht des OLG nicht automatisch dazu, dass der nunmehr verheiratete Sohn hälftig Miterbe werde. Das Gericht stellte klar, dass der Erblasser den Sohn nur unter der Bedingung der Nichtheirat als Erben einsetzen wollte. Da diese Bedingung nicht erfüllt wurde, war dessen Bruder zum Alleinerben berufen.
Hinweis: Die Sittenwidrigkeit einer Klausel führt nicht zwangsläufig zu einer Unwirksamkeit der gesamten testamentarischen Verfügung. Im Ergebnis kommt es immer darauf an, ob der Wille des Erblassers durch die übrigen Verfügungen aufrechterhalten werden kann.
Quelle: OLG München, Beschl. v. 23.09.2024 – 33 Wx 325/23 e
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(aus: Ausgabe 12/2024)