Manche Paare nehmen es bereits vor der Hochzeit nicht genau mit der Trennung ihrer Finanzen. Andere Paare haben das gemeinsame Ziel, sich steuerlich besonders findig zu verhalten. Schriftliche Verträge gibt es dabei nur selten. All dies zusammen führt oft zu unerwarteten wirtschaftlichen Folgen bei einer Scheidung, wie auch in diesem Fall vor dem Amtsgericht Hamburg (AG).
Am 10.12.2016 fand die Hochzeit statt. Drei Wochen vorher überwies der Mann an die Frau 200.000 EUR mit dem Betreff „Darlehen für Baufinanzierung“. Die Frau leitete das Geld an ihre Eltern weiter. Dahinter stand der gemeinsame Plan, zusammen mit den Eltern der Frau ein Sechsfamilienhaus in Kroatien zur Vermietung an Feriengäste zu betreiben. Das Grundstück gehörte den Eltern, das Haus befand sich im Rohbauzustand. Das Paar hatte den Wunsch, Schenkungsteuer zu vermeiden, wie sich aus einer parallelen WhatsApp-Korrespondenz ergibt. Deshalb war die Überweisung vom Mann an die Frau als Darlehen bezeichnet gewesen. Nur zwei Jahre später lief schon das Scheidungsverfahren, und der Mann wollte seine 200.000 EUR zurück. Er versuchte das über eine Darlehenskündigung. Die Frau bestritt, dass der Mann ihr ein Darlehen gewährt habe: Er sei damals großzügig gewesen, weil er sich das habe leisten können. Sie bestritt auch den Vortrag des Mannes, die 200.000 EUR seien dafür gedacht gewesen, dass sie nach Fertigstellung Eigentümerin der Wohnung werde – wie bei einem Bauträgermodell. Sie bestritt auch, dass sie zurzeit Vermietungseinkünfte daraus habe. Dass sie im Internet als Ansprechpartnerin zu finden sei, sei nur eine organisatorische Unterstützung ihrer Eltern.
Das AG stellte fest, dass kein Darlehensvertrag zustande gekommen sei. Der Verwendungszweck „Darlehen“ allein genüge nicht, denn es fehle am damaligen Rechtsbindungswillen der Frau. Aus der WhatsApp-Korrespondenz sei zu entnehmen, dass der Betrag zum endgültigen Verbleib in Kroatien gedacht war. Die Bezeichnung „Darlehen“ diente lediglich der Vermeidung von Schenkungsteuer. Zudem gab es keinen Beweis für die Behauptung des Mannes, die Frau habe Eigentümerin der Wohnung werden sollen. Dazu unterstellte das Gericht, dass der Betrag nicht ohne Gegenleistungsgedanken geflossen war. Die Tatsache, dass sie im Internet als Vermieterin der Wohnung auftrat, belegte zusammen mit der WhatsApp-Korrespondenz, dass die Frau – wenn schon nicht Eigentum – den wirtschaftlichen Nutzen der Ferienwohnung bekommen sollte. Diese gemeinsame Vorstellung sei Geschäftsgrundlage der Überweisung von 200.000 EUR an die (Schwieger-)Eltern gewesen. Beim Austausch über Details der Einrichtung der Wohnung sei immer in der Wir-Form gesprochen worden, es sei daher als gemeinsames Investitionsvorhaben auszulegen.
Mit dem endgültigen Scheitern der Ehe sei die Geschäftsgrundlage dieser Vereinbarung entfallen. Weil die Immobilie erst danach fertiggestellt worden war, hatte der Mann an der Investition nie partizipiert. Daher bekam er nicht die 200.000 EUR zurück, sondern nur die Hälfte. Denn wäre die Ehe nicht gescheitert, hätte der Mann die Früchte seiner Investition nicht allein genossen, sondern gemeinsam mit der Frau.
Hinweis: Die Entscheidung ist übertragbar auf andere Sachverhalte, in denen der Zugewinnausgleich keine Lösung bietet, zum Beispiel wenn bei Gütertrennung größere Geldbeträge zwischen Eheleuten transferiert werden.
Quelle: AG Hamburg, Beschl. v. 10.11.2022 – 277 F 262/20
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(aus: Ausgabe 06/2023)