Das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) hat mit seinem Urteil im folgenden Fall kürzlich den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz ausgeweitet. Zwar muss hier noch das Bundessozialgericht (BSG) entscheiden – aber es bleibt zu mutmaßen, dass eine Kollision mit einem Gabelstapler auch in Pausenzeiten als spezifische betriebliche Gefahr zu klassifizieren ist.
Ein Arbeitnehmer hielt sich in einem Pausen- und Raucherbereich auf dem Betriebsgelände seines Unternehmens auf – er wollte frische Luft schnappen. Doch was auf den ersten Blick gesundheitsfördernd anmutet, stellte sich als gegenteilig heraus: Ihn fuhr nämlich ein Gabelstapler an. Der Luftschnapper erlitt folglich eine Unterarmfraktur und eine Kniegelenksdistorsion. Den Unfall als Arbeitsunfall anerkennen zu lassen, lehnte die zuständige Berufsgenossenschaft jedoch ab. Sie meinte, der Arbeitnehmer habe zur Zeit des Unfalls lediglich private Dinge erledigt.
Es lag für die Richter des LSG jedoch eine spezifische betriebliche Gefahr und damit ein Betriebsunfall vor. Schließlich sei die erhöhte Gefährlichkeit von Gabelstaplern nachgewiesen und Gegenstand besonderer Unfallverhütungsvorschriften. Ein Beschäftigter darf darauf vertrauen, während seiner Pausen auch in einem vom Arbeitgeber ausgewiesenen Bereich keinen gegenüber dem allgemeinen Leben erhöhten Gefahren ausgesetzt zu sein. Für das LSG lag hier daher auch eine spezifische betriebsbezogene Gefahr vor, auch wenn der Unfall nicht in unmittelbarer Nähe des konkreten Arbeitsplatzes stattgefunden hat.
Hinweis: Der gesetzliche Unfallversicherungsschutz besteht also auch, wenn ein Arbeitnehmer beim „Luftschnappen“ in einem ausgewiesenen Pausenbereich von einem Gabelstapler angefahren wird. Allerdings wurde die Revision zum BSG zugelassen. Vieles spricht jedoch dafür, dass die Entscheidung korrekt ist.
Quelle: LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 27.02.2023 – L 1 U 2032/22
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(aus: Ausgabe 05/2023)