Zwei Autos stehen hintereinander, beide zur selben Fahrtrichtung ausgerichtet. Dann ist das eine hinten, das andere vorn beschädigt. Was hier eindeutig war: Eine Kollision der beiden Pkw hatte stattgefunden. Alles andere jedoch musste das Amtsgericht Essen (AG) klären – oder es zumindest versuchen.
Beide beteiligten Parteien verlangten vor dem AG Schadensersatz. Der eine Beteiligte meinte, es habe sich um einen Auffahrunfall gehandelt, da hafte der Auffahrende somit auch dem Anscheinsbeweis zufolge. Der andere Beteiligte forderte ebenfalls Schadensersatz, er sei gar nicht aufgefahren! Vielmehr habe der andere zurückgesetzt und sei ihm deshalb in die Fahrzeugfront gefahren. Sachverständige zuckten hier leider auch nur mit den Schultern, da die Schäden keine weitere Klarheit bringen konnten, welche der beiden Parteien nun die Wahrheit sagte. Was den Laien womöglich schmunzeln lässt, ist vor Gericht jedoch bei Weitem keine Seltenheit – und daher griff das AG zur naheliegenden Maßnahme.
Das AG entschied, dass der Schaden zu teilen sei. In diesem Fall sei der Anscheinsbeweis nicht anzuwenden. Weder ein unachtsames Rückwärtsfahren noch ein unachtsames Auffahren sei nachgewiesen oder ausgeschlossen, da selbst der Sachverständige dazu keine eindeutigen Angaben habe machen können. Daher sei der Unfallhergang nicht aufklärbar – eine Schadensteilung sei angemessen.
Hinweis: Kann ein Unfallhergang weder durch Zeugen noch durch ein Unfallrekonstruktionsgutachten aufgeklärt werden, ist regelmäßig eine hälftige Schadensverteilung vorzunehmen.
Quelle: AG Essen, Urt. v. 21.07.2023 – 29 C 152/22
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(aus: Ausgabe 03/2024)