Zwei Männer, die seit 2017 verheiratet sind, haben im selben Jahr über eine Leihmutter in den USA ein Kind bekommen, das bei ihnen in Deutschland lebt. Die erheblichen Kosten, die rund um die Zeugung des Kindes entstanden waren, wollten die Männer als außergewöhnliche Belastung bei der Einkommensteuer absetzen (§ 33 Abs. 1 Einkommensteuergesetz). Da das Finanzamt die Kosten nicht anerkannte, ging die Sache bis vor den Bundesfinanzhof (BFH).
Nach deutschem Recht war die Vorgehensweise wegen des Embryonenschutzgesetzes verboten – mit dieser Begründung verweigerte das Finanzamt, die Kosten anzuerkennen. Die Männer argumentierten, dass die Aufwendungen denen entsprechen, die jemand bei Vorliegen einer Erkrankung hat, sie seien schließlich ungewollt kinderlos geblieben. Die Zeugungs- oder Empfängisunfähigkeit gilt nach der Defintion der WHO als Erkrankung. Hinzu komme, dass der starke unerfüllte Kinderwunsch eine Depression ausgelöst habe, die mit der Zeugung des Kindes behandelt worden sei.
Den Argumenten der Männer stimmte der BFH nicht zu: Die ungewollte Kinderlosigkeit der Kläger gründe nicht auf einem regelwidrigen körperlichen Zustand eines oder beider Partner, sondern auf den biologischen Gegebenheiten. Die Vorstellung, die Reproduktion eines Kindes im Wege der Ersatzmutterschaft sei als eine medizinisch indizierte Heilbehandlung zu betrachten, sei nicht mit dem Grundrecht des Kindes auf Unantastbarkeit der Menschenwürde vereinbar. Denn ein solches Verständnis würde das Kind zu einem bloßen Objekt herabwürdigen, das zur Linderung einer seelischen Krankheit des Mannes diente. Der Entschluss, eine Ersatzmutterschaft zu begründen, beruhte auch nicht auf einer rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Zwangslage, sondern auf der freiwilligen Entscheidung, ein Kind zu haben. Hinzu kam dann noch der schon vom Finanzamt genannte Grund, dass die den Aufwendungen zugrundeliegenden Maßnahmen nicht mit der deutschen Rechtsordnung im Einklang standen.
Hinweis: Aufwendungen eines gleichgeschlechtlichen (Ehe-)Paars im Zusammenhang mit einer Ersatzmutterschaft sind nicht als außergewöhnliche Belastung steuerlich zu berücksichtigen. Kosten, die der Heilbehandlung ungewollter Kinderlosigkeit dienen, sind hingegen als absetzbare Ausgaben anerkannt.
Quelle: BFH, Urt. v. 10.08.2023 – VI R 29/21
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(aus: Ausgabe 12/2023)