Immer wieder versuchen Fahrzeughalter nach Verkehrsverstößen, die Ermittlung des verursachenden Fahrers zu vereiteln. Ein bei den Behörden beliebtes Instrument, ahnungsloses Schulterzucken auf Halterseite künftig zu vermeiden, ist die Auflage zum Führen eines Fahrtenbuchs. Und weil dieses Instrument bei den Fahrzeughaltern auf wenig Gegenliebe stößt, müssen Gerichte wie das Oberverwaltungsgericht Saarlouis (OVG) immer wieder bewerten, ob es behördenseitig (aus-)gespielt werden darf oder eben nicht.
Ein Autofahrer überschritt mit einem Firmenfahrzeug die zulässige Geschwindigkeit außerorts um 64 km/h. Ein Mitarbeiter der Halterin füllte daraufhin den zugesandten Anhörungsbogen aus und benannte sich selbst als Fahrer. Auch nach einem Fotoabgleich mit dem Einwohnermeldeamt wurde die Identität bestätigt. Auch als der Mitarbeiter angehört wurde, räumte dieser die Tat ein. Eine Woche später jedoch trug sein Anwalt vor, dass der Mitarbeiter doch nicht der Fahrer gewesen sei. Dennoch erging der Bußgeldbescheid, woraufhin Einspruch eingelegt wurde. Der Betroffene trug vor, gedacht zu haben, dass es sich um einen anderen Verstoß gehandelt habe. Schließlich sei er mit dem Fahrzeug ebenfalls geblitzt worden, so dass er fälschlicherweise gedacht habe, dass die Anhörung sich auf eben diese Tat beziehe. Erst beim genauen Hinsehen sei ihm aber aufgefallen, dass tatsächlich sein – ihm sehr ähnlich sehender – Freund am Steuer gesessen habe. Vor Gericht konnte die Identität nicht geklärt werden, so dass das Verfahren eingestellt wurde und eine Fahrtenbuchauflage erging. Dagegen legte die Halterin Widerspruch ein.
Das OVG entschied jedoch, dass die Fahrtenbuchauflage durchaus rechtmäßig ergangen sei. Die Halterin habe zwar zunächst mitgewirkt, indem sie den Bogen an ihren Mitarbeiter weitergab. Dieser habe aber durch falsche Angaben die Verfolgung vereitelt. Sollte die Halterin selbst den Bogen ausgefüllt haben, spreche alles dafür, dass das beigefügte Foto und die Tatsache, dass das Fahrzeug normalerweise von einer anderen Person gefahren wird, nicht geprüft wurden. Daher sei die Auflage angemessen. Die Halterin des Dienstfahrzeugs hätte diese Unsicherheit vermeiden können, wenn sie Fahrtenbücher geführt hätte.
Hinweis: Der Zweck einer Fahrtenbuchauflage ist es, Kraftfahrer zu erfassen, die Verkehrsverstöße begehen, damit sie nicht durch ihr weiteres verkehrswidriges Verhalten eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer darstellen. Die Anordnung richtet sich an den Fahrzeughalter, weil dieser die Verfügungsbefugnis und die Möglichkeit der Kontrolle über sein Fahrzeug besitzt. Gefährdet er die Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs dadurch, dass er unter Vernachlässigung seiner Aufsichtsmöglichkeiten nichts dartun kann oder will, darf er durch das Führen eines Fahrtenbuchs zu einer nachprüfbaren Überwachung der Fahrzeugbenutzung angehalten werden.
Quelle: OVG Saarlouis, Beschl. v. 07.06.2023 – 1 B 51/23
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(aus: Ausgabe 09/2023)