Gelegentlich schaffen es auch Streitigkeiten über Geschäftswerte bis zum Bundesgerichtshof (BGH). Die dort entschiedene Frage spielt in der Praxis eine beachtliche Rolle, weil bislang Uneinigkeit darüber bestanden hat, auf welcher Grundlage die Kosten für die Beurkundung eines Pflichtteilsverzichtsvertrags zu bemessen sind.
Im Jahr 2017 beurkundete ein Notar einen Pflichtteilsverzicht der Kinder gegenüber dem Erstversterbenden der Eltern zugunsten des überlebenden Elternteils. In der Folge stellte der Notar seine Gebühren in Rechnung und ermittelte diese Gebühren anhand des Vermögens nur eines Elternteils. Da Notare ein öffentliches Amt ausüben, unterliegen diese Gebührenabrechnungen auch einer Überprüfung durch die Notarkasse. Und diese war hier der Ansicht, für den Wert des Pflichtteilsverzichts sei das Vermögen beider Elternteile zu berücksichtigen. Nachdem das Landgericht München noch der Ansicht war, das Vermögen beider Elternteile müsse für die Ermittlung des Geschäftswerts zugrunde gelegt werden, hob das Oberlandesgericht diese Entscheidung zunächst auf.
Der BGH stellte nunmehr aber klar, dass in einer Konstellation, in der Kinder auf den Pflichtteilsanspruch zugunsten des überlebenden Elternteils verzichten, das Vermögen beider Erblasser zugrunde zu legen sei. Es handelte sich um zwei selbständige Pflichtteilsverzichtsverträge mit beiden Erblassern, weshalb nach den Regelungen für die Notarkosten die Werte beider Rechtsverhältnisse zusammengerechnet werden. Im Ergebnis war daher die vorgenommene Beurkundung für die Auftraggeber teurer als zunächst von dem Notar selbst in Rechnung gestellt.
Hinweis: Das Pflichtteilsrecht und der Pflichtteilsanspruch sind grundsätzlich voneinander zu unterscheiden. Der Pflichtteilsverzicht ist ein Rechtsgeschäft, das nur mit dem Erblasser zu dessen Lebzeiten abgeschlossen werden kann.
Quelle: BGH, Beschl. v. 11.10.2023 – IV ZB 26/22
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(aus: Ausgabe 12/2023)