Bei Irrtümern bleibt selbst Gerichten bei aller Einsicht und allem Verständnis oft nicht viel übrig, als mit den Achseln zu zucken. Doch dass dies bei weitem nicht immer der Fall ist, zeigt das Urteil des Oberlandesgerichts München (OLG), bei dem die Eltern einer Teenagertochter sich einst irrten, als es um deren Namenseintragung ging.
Nach der Geburt im Jahr 2005 hatten die Eltern ihr Kind beim Standesamt mit nur einem Vornamen angemeldet, obwohl nach der Familientradition ein zweiter Vorname vorgesehen war. Das schien ihnen lange nicht aufgefallen zu sein, denn sowohl bei der Taufe als auch bei der Anmeldung in der Schule gaben sie den zweiten Vornamen mit an. Auf allen Schulzeugnissen der inzwischen 17-Jährigen standen beide Vornamen – nur im Personalausweis und im Pass nicht. Erst Ende 2022 beantragten die Eltern mit Zustimmung des Kindes die Eintragung des zweiten Vornamens in das Geburtenregister.
Das Amtsgericht lehnte den Antrag zwar noch ab, das OLG aber gewährte Eltern und Kind ihren Wunsch. Zwei Gründe waren dafür ausschlaggebend: Zum einen sei bei Gesamtwürdigung aller Umstände davon auszugehen, dass die Eltern bereits bei der Anzeige der Geburt den Willen hatten, der Betroffenen den Namen „Franziska Emma“ zu geben. Dies ergebe sich aus der Familientradition (Großmutter und Urgroßmutter hießen Emma) und daraus, dass sowohl die Taufe als auch die Einschulung unter dem doppelten Vornamen stattgefunden haben. Wenn aber die Eltern von Anfang an diese Sorgerechtsentscheidung getroffen und nur aus Versehen nach einer schweren Geburt das Formular unvollständig ausgefüllt hatten, sei das Geburtenregister von Anfang an unrichtig gewesen und zu berichtigen. Das Gericht glaubte an das Versehen der Eltern. Deshalb ergebe sich zusätzlich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ein Anspruch auf die beantragte Ergänzung.
Geschützt durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht dient der Name eines Menschen nicht nur als Unterscheidungs- und Zuordnungsmerkmal, sondern ist darüber hinaus Ausdruck seiner Identität und Individualität. Dies gilt insbesondere für die Wahl des Vornamens, der der Individualität einer Person Ausdruck verleiht, den Einzelnen bezeichnet und diesen von anderen unterscheidet. Wenn sich für einen Menschen durch den tatsächlich geführten Namen eine Identität und Individualität des Namensträgers herausgebildet und verfestigt hat und sich im Vertrauen auf die Richtigkeit der Namensführung auch herausbilden durfte, ist auch der tatsächlich geführte Name jedenfalls dann vom Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts umfasst.
Hinweis: Ein abgeschlossener Registereintrag darf gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Personenstandsgesetz nur auf Anordnung des Gerichts berichtigt werden. Dies setzt voraus, dass die Eintragung von Anfang an unrichtig war.
Quelle: OLG München, Beschl. v. 31.08.2023 – 31 Wx 77/23
zum Thema: | Familienrecht |
(aus: Ausgabe 11/2023)