Testamente und Erbverträge können widerrufen werden, indem sie aus einer amtlichen Verwahrung zurückgegeben werden. Für Erbverträge gilt dies in jedem Fall, sofern diese nur Verfügungen von Todes wegen enthalten. Problematisch wird es, wenn neben dem Erbvertrag auch andere zusätzliche Rechtsgeschäfte, beispielsweise ein Ehevertrag, abgeschlossen wurden. Ein solcher Vertrag war Gegenstand eines Verfahrens vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG).
Die Eheleute hatten im Jahr 2011 einen Ehe- und Erbvertrag abgeschlossen. Diese Urkunde wurde in amtliche Verwahrung genommen. Im Jahr 2018 wurde mit einer weiteren notariellen Urkunde ein gemeinschaftliches Testament errichtet. Darin erklärten die Beteiligten den Widerruf des Erbvertrags aus dem Jahr 2011; bezüglich des Ehevertrags sollte es bei der bisherigen Regelung verbleiben. Auch dieses Testament wurde in amtliche Verwahrung gegeben. Im Jahr 2022 erklärten die Beteiligten, nachdem schon vorherige Herausgabeverlangen beim Gericht gescheitert waren, die rückwirkende Aufhebung der geschlossenen Verträge. Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten verlangten sie die Rückgabe sowohl des Erbvertrags aus dem Jahr 2011 als auch die Rückgabe des Testaments aus dem Jahr 2018.
Das Nachlassgericht hat beide Herausgabeverlangen zurückgewiesen. Bezüglich beider Urkunden war das Nachlassgericht der Ansicht, dass es sich um kombinierte Ehe- und Erbverträge handele, deren Herausgabe auch nicht durch einen Verfahrensbevollmächtigten verlangt werden könne.
Dem widersprach das OLG – zumindest teilweise. Zunächst stellte es klar, dass das Herausgabeverlangen auch durch einen Verfahrensbevollmächtigten erklärt werden kann. Richtig sei zwar, dass aufgrund der Wirkung der Rücknahme die Rückgabe der letztwilligen Verfügungen nur an die Erblasser persönlich erfolgen könne. Dies schließe aber nicht aus, dass das Rückgabeverlangen auch von einem Vertreter gestellt werden könne.
Allerdings wies das OLG das Herausgabeverlangen bezüglich des Notarvertrags aus dem Jahr 2011 deshalb zurück, weil es sich um einen kombinierten Ehe- und Erbvertrag handele, für den eine Herausgabe aus der amtlichen Verwahrung ausgeschlossen sei. Bei der notariellen Urkunde aus dem Jahr 2018 handelt es sich nach Ansicht des Gerichts nicht um einen kombinierten Erbvertrag, so dass bezüglich dieser Urkunde das Herausgabeverlangen gerechtfertigt war.
Hinweis: Für den Erblasser besteht die Möglichkeit, die Gewährung einer Einsichtnahme in die Urkunde beim Nachlassgericht zu beantragen.
Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 19.09.2023 – 21 W 63/23
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(aus: Ausgabe 11/2023)